Hochwasser an der Werse

Für den unbedarften Besucher, der die Werse im Sommer bei strahlendem Sonnenschein besucht und dann nur als gar nicht oder nur langsam fließenden Fluß erlebt, ist es schwer vorstellbar, wie sich das Bild bei Hochwasser ändert. Innerhalb oft nur sehr kurzer Zeit steigt der Flußpegel enorm an und überflutet die Uferbereiche. Besonders betroffen von den Überschwemmungen ist der gesamte Flußabschnitt unterhalb der Pleistermühle. Traten extreme Hochwasser früher nur in Ausnahmefällen auf, hat sich die Situation durch die Flußbegradigungen in den 1960er und 70er Jahren, Drainierung von landwirtschaftlichen Flächen und der Flächenversiegelung allgemein deutlich verschlechtert. Hochwässer treten nicht nur im Winter auf, sondern eine Gewitterfront mit Starkregen reicht auch im Sommer für dramatische Überflutungen.
Das bislang wohl schlimmste Wersehochwasser fand am 9.2.1946 statt, als die damals noch eingeschossigen Häuser unterhalb der Pleistermühle bis an die Dachrinnen im Wasser standen. Flachdächer wurden überflutet. Eine Kombination von extremem Frost, anschließendem Tauwetter mit ausgedehntem Regen und im Wasser liegende, zerstörte Bücken führten zu einem sintflutartigen Zustand. Da unmittelbar nach dem Krieg alle Bootshäuser durch ausgebombte Menschen belegt waren, war die Situation für die Betroffenen hochdramatisch.

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Postkarte vom Hochwasser Ende Dezember 1925. Oben: Blick von der Warendorfer Straßen-Brücke am Nobiskrug flußaufwärts. Mitte: Kolk an der Pleistermühle. Blick auf das nördliche Flußufer. Unten: Blick von der Pleistermühle entlang des nördlichen Ufers.

Postkarte vom Hochwasser Ende Dezember 1925. Oben: Blick vom linken Flußufer auf Handorf.

Postkarte vom Hochwasser Ende Dezember 1925. Handorf.

Die Havichhorster Mühle während des verheerenden Hochwassers im Februar 1946.

Am 4. Dezember 1960 zog bei ungewöhnlich warmen Wetter eine Unwetter- und Regenfront auch über Münster und führte zu einem Anstieg der Werse. Das Bild wurde vom Bahndamm an der Warendorfer Straße beim Nobiskrug auf das am Ufer stehende Bootshaus aufgenommen. Photo: Stadtmuseum Münster, Sammlung Hänscheid

Das Hochwasser von Mitte Juli 1980 ermöglichte Kanufahren auf der Pferdeweide an der Pleistermühle.

Auch im Sommer 1984 überschwemmte die Werse an der Pleistermühle weite Bereiche. Häuser waren nur mit Booten erreichbar.

Häuser unterhalb der Pleistermühle bei Hochwasser im Januar 1995.

Tagelanger ergiebiger Regen und Schneeregen brachte das Faß zu Beginn des Januars 2003 buchstäblich zum Überlaufen. Die Werse (hier unterhalb der Pleistermühle) schwoll extrem an und setzte ganze Landstriche unter Wasser.

Hochwasser Dezember 2007 an der Havichhorster Mühle (rechts hinten zu sehen).

Nach dem "Jahrhundertregen" in Münster am 28. Juli 2014 schwoll die Werse in kurzer Zeit extrem an. Hier zwei Bilder vom darauffolgenden Tag an der Pleistermühle.


Hochwasser Januar 2018 in der Nähe der Havichhorster Mühle.

Hochwasser Januar 2018 in der Nähe der Pleistermühle.

Hochwasser Mitte Februar 2021. Nach dem Rekordschnee folgt die Schmelze und das unvermeidliche Hochwasser mit einem Wasserstand etwa 3,40 m über normal. Blick über den Mühlenkolk auf die Pleistermühle.

Blick auf den Mühlenkolk der Pleistermühle.

Blick auf das komplett geöffnete Stauwehr an der Pleistermühle. Oberer und unterer Wasserpegel sind fast gleich hoch und am Uferrand liegen noch Schneereste.

Der Oberlauf staut sich vor dem Wehr an der Pleistermühle auf und läuft über die Überflutwiese.

Ein Tag Dauerregen reichte aus, Anfang Februar 2022 den Wasserstand etwa 2,40 m anzuheben und den Bootssteg beim Nobiskrug wie eine Insel erscheinen zu lassen.

Das Jahr 2023 wird vermutlich als Jahr der Wersehochwasser in Erinnerung bleiben. Die ersten Hochwasser waren im Januar und März des Jahres - wie fast jedes Jahr. Nach ergiebigen Regenfällen folgten dann aber im August und Sepember die nächsten Hochwasser und ab November war der extrem schnell steigende und fallende Wersewasserpegel der Normalzustand, da die Böden durch die ständigen Niederschläge vollständig gesättigt waren und die Vorfluter direkt in die Werse liefen.
Ab dem 22.12. stieg die Werse kontinuierlich an und bald waren die ersten Wiesen und Felder überflutet. Am ersten Weihnachtstag hatte der Pegelstand an der Pleistermühle bereits ca. 3,63 cm über normal erreicht und war damit höher als nach der Schneeschmelze im Februar 2021. Nach weiteren heftigen Regenfällen auch nachts war am zweiten Feiertag der Scheitelpunkt des Flusses mit ca. 4 m an der Pleistermühle erreicht. Damit hatte der Pegel den Wasserstand von 1960, 1980 und 2003 erreicht. Allerdings darf man nicht vergessen, daß der Wasserspiegel durch die Absenkung 2015 einen Meter unter dem früheren Pegel liegt. D.h., daß die Wassermenge 2023 absolut gesehen ein Vielfaches von 2003 betrug.
Das Bild zeigt überflutete Felder beim Nobiskrug am 23.12.

Die Pleistermühle am 25.12. vom Boot aus gesehen.

Haus am Pleistermühlenkolk am 25.12.

Beim höchsten Wasserstand am 26.12. kommt das Wasser kaum noch unter der Brücke am neuen Wehr an der Pleistermühle hindurch.

Häuser unterhalb der Pleistermühle beim höchsten Wasserstand am 26.12.

Am Nobiskrug steht das alte Haus rechts exakt so tief im Wasser wie beim Hochwasser im Dez. 1960 (s. weiter oben)