Eine Reise nach Australien

Viele Jahre hatten wir mit dem Gedanken gespielt, einmal in Australien Urlaub zu machen. Immer wieder verwarfen wir die Idee wegen der Länge der Anreise. Im Mai 2009 sollte dann aber doch soweit sein. Da es keinen zeitlich günstigen Zubringerflug nach Frankfurt gab, mußten wir wohl oder übel mit der Bahn fahren. Diese wurde leider ihrem schlechten Ruf gerecht. Nicht nur, daß an unserem heimischen Bahnhof die Gepäckbänder zu den Bahnsteigen abgeschaltet waren, auch verpaßten wir wegen einer Zugverspätung unseren Anschlußzug in Köln. Somit war auch die Platzreservierung perdu. Das fing ja gut an! In Frankfurt herrschte wegen eines bevorstehenden Feiertages enormer Andrang. Endlich konnten wir kurz vor 22 Uhr in die Boeing 777-200 der Singapore Airlines einsteigen. Das war die beste Business Class die wir jemals gesehen hatten! Nur vier Sitzelemente in einer Reihe und eine richtiggehende Liegefläche mit fast den Ausmaßen einer Spielwiese. Wir waren sprachlos. Der Service auf dem 12 Stunden 15 Minuten Flug nach Singapore war wie immer hervorragend. Leider hatten wir in Singapur viereinhalb Stunden Aufenthalt. Die Zeit zog sich hin, es gab nichts Neues zu sehen, waren wir doch erst vor einen halben Jahr in der Stadt gewesen. Weiter ging es mit dem vielgepriesenen Airbus 380 auch der Singapore Airlines. Er hatte ebenfalls nur vier Sitzelemente in einer Reihe, diese war aber auf dem upper deck erheblich schmaler als die Boeing und die Liegefläche damit auch schmaler, wenn natürlich im Vergleich mit anderen Business Classes immer noch riesig groß. Angenehm sowohl in der Boeing als auch dem Airbus waren die viel größeren Naßzellen im Vergleich zu anderen Flugzeugen. Auffällig war im Airbus eine große Freitreppe in der "Schnauze" des Flugzeuges, die zu den First-Class-Suiten auf dem unteren Deck führte.

Sydney

Am zweiten Tag nach der Abreise erreichten wir morgens um sechs Uhr endlich den Flughafen von Sydney. Viele Passagiere wurden penibel nach zu deklarierenden Waren untersucht. Aufgrund der Insellage ist die Einfuhr zahlreicher Nahrungsmittel aber auch von Rohleder etc. verboten. Auf uns wartete ein Fahrer vom Hotel und wir erreichten nach etwa 30 Minuten das Park Hyatt. Logischerweise war zu dieser Zeit unser Zimmer noch nicht einzugsbereit und wir wurden für einige Stunden in einen Day Room gebracht. Todmüde versuchten wir die Zeit zu überbrücken. Bei einem kurzen Spaziergang direkt am Hafen entlang bekamen wir einen ersten Eindruck von Sydney. Unmittelbar am Wasser stehen die Campbells Storehouses, die Lagerhäuser der ersten freier Händler der Kolonie, Cadmans Cottage, das älteste Haus der Stadt von 1815 und das Museum of Contemporary Art. Wir hatten auch Gelegenheit, uns die berühmte, bis 1973 vom dänischen Architekten Jörn Utzon erbaute Oper von innen und außen anzuschauen. Leider war das Wetter sehr ungemütlich mit Nieselregen und starkem, kalten Wind. Als wir endlich unsere Suite mit Blick auf die berühmte Harbour Bridge beziehen konnten, verschliefen wir total übermüdet von der langen Reise den ganzen Nachmittag.

Da wir daraufhin nachts nicht schlafen konnten, verschliefen wir den nächsten Tag bis zum Mittag. Leider war das Wetter immer noch sehr ungemütlich. Wir entschieden uns für eine große Hafenrundfahrt, bei der man einen hervorragenden Eindruck von Sydney bekommt. Vorbei ging es an der Oper und den exklusiven Villen reicher Australier. In einigen Buchten sah man sogar Surfer - den zahlreichen Haien im Gewässer zum Trotz. Wir durchfuhren die Harbour Bridge bis Darling Harbour, einem "aufgehübschten" Hafenbezirk. Interessant anzusehen war hier u.a. auch die Replik des Schiffes von James Cook.

Nach Ende der Tour gingen wir zur Hauptstraße des Stadtviertels "The Rocks", der George Street mit vielen kleinen Restaurants und Geschäften. Alles machte auf mich einen sehr britischen Eindruck. Am heutigen Sonntag fand hier ein sehr großer überdachter Markt statt, auf dem allerlei Kunstgewerbe angeboten wurde. Leider dämmerte es bereits gegen 16.30 Uhr, so daß wir zum Hotel zurückgingen.

Am nächsten Tag war das Wetter wie ausgewechselt. Bei 20 Grad und wunderschönem Sonnenschein bot sich ein Besuch des botanischen Gartens an, durch den man sich mit einer kleinen Bahn fahren lassen kann. Man kann den Engländern gar nicht genug für ihre Gartenliebe danken, denn die hier gepflanzten exotischen Bäume waren schon an die 200 Jahre alt. Der Garten mit dem darin befindlichen Government House ist eine ruhige, britisch wirkende Oase inmitten des quirligen CBD von Sydney. Aus dem Garten gingen wir vorbei an der Art Gallery of NSW zur neogotischen St. Mary's Cathedral aus dem Jahre 1866. Nur wenig weiter liegt das Australian Museum, wo ich mich vor allem für die Abteilung zur Geschichte der Aborigines interessierte. Deren Schicksal weist starke Parallelen zu dem der nordamerikanischen Indianer auf. Im Gegensatz zu diesen erhielten die australischen Ureinwohner aber erst 1962 das volle Bürgerrecht (Indianer 1924). Bis 1969 wurden Eltern besonders von Mischlingskindern regelmäßig diese von den Behörden weggenommen, um sie auf den "richtigen", d.h. "weißen" Weg zu bringen. Heute spricht man von den Kindern als "lost generation". Wie bei den Indianern liegt die Lebenserwartung der Aborigines weit unter der der übrigen Bevölkerung, die Arbeitslosenrate und die Schulabbrecherrate ist hoch. Viele Ureinwohner kommen mit dem "weißen" Leben nicht zurrecht und haben sich auf eigenständige Territorien im Landesinneren zurückgezogen.

Im Museum hatten wir Glück. Ein überraschend hellhäutiger Mann, der sich aber selbst als Ureinwohner bezeichnete, stellte die Kultur seines Volkes vor. Gleichzeitig räumte er auch mit einigen Mythen auf. Glauben doch die meisten Weißen - beflügelt von der Andenkenindustrie - das Digeridoo sei von allen Aborigines gespielt worden, so ist dieses falsch. Von den hunderten in Australien lebenden Ethnien spielte genau eine dieses Instrument. Und der Name entstammt nicht aus einer Sprache der Ureinwohner, sondern ist eine Lautmalerei der Engländer.

Durch den Hyde Park liefen wir zum Sydney Tower. Nach wenigen Sicherheitskontrollen, ganz im Gegensatz zum CN-Tower in Toronto, fuhren wir auf diesen 305 m hohen Aussichtsturm. Der Ausblick war bei dem wunderschönen Wetter hervorragend, so daß wir uns lange aufhielten. Entlang der Market Street mit dem Queen Victoria Building, einer vikorianischen Shopping Arkade, liefen wir zum Hafenviertel Darling Harbour, welches wir am Vortag bereits vom Schiff aus gesehen hatten. Alles machte einen sehr gepflegten Eindruck und auf dem Sonntag bei bestem Wetter war natürlich viel Betrieb. Ärgerlich war nur die wieder früh einsetzende Dunkelheit. Zum Essen fuhren wir abends noch zum berühmten Bondi Beach, einem schönen Strandabschnitt südöstlich des Stadtzentrums am offenen Meer, an dem sich im südlichen Sommer jeder trifft, der Rang und Namen hat. Jetzt im Winter am Abend war natürlich nichts los.

Am nächsten Tag nahmen wir unser Auto im Empfang und für mich hieß es ab jetzt "links fahren". Mit Hilfe des Navigationsgerätes ging es recht gut hinaus aus der 4,3-Millionen-Metropole. Da die Straßenführung und Beschilderung wie in England war, bedeutete es für mich keine große Umstellung. Auch die Motorways aus der Stadt waren hervorragend ausgebaut und wir kamen gut voran.

Die Blue Mountains

Nächstes Etappenziel waren die Blue Mountains westlich von Sydney. Einen ersten Stop legten wir in Glenbrook ein. Dort sollte es in einem Nationalpark Felszeichnungen der Aborigines zu sehen geben. Leider war der Park aber wegen Überflutung geschlossen. Statt dessen erfreuten wir uns am Anblick der nahegelegenen Stadtviertel. Die freistehenden Häuser hatten etwas Ähnlichkeit mit denen in den USA. Aber die Häuser und Gärten waren insgesamt gepflegter, eher wie im Osten Kanadas. Zudem standen vor jedem Haus Mülltonnen deutscher Art. Immer noch nicht gewöhnen konnte ich mich an die entgegengesetzte Jahreszeit hier auf der Südhalbkugel. Hatten wir Deutschland bei voll in Grün stehender Vegetation verlassen, zeigten in Australien viele Bäume eine wunderschöne Herbstfärbung oder hatten die Blätter bereits komplett verloren. Bei diesen Bäumen handelte es sich natürlich um irgendwann importierte Exemplare, denn die australischen sind immergrün.

Weiter ging es nach Westen. Bei Wentworth Falls besuchten wir den gleichnamigen Aussichtspunkt über die Wasserfälle, die sich in eine 300 m tiefe Schlucht stürzen - alles bestens ganz neu für den Tourismus erschlossen.

Beim nur wenige Kilometer entfernten Ort Katoomba befindet sich eine der Hauptattraktionen der Gegend, die "Scenic World". Im Tal wurde hier bis in die frühen 1930er Jahre Kohle und Ölschiefer abgebaut. Mit der Scenic Railway kann man die 415-m-Strecke, die 206 Höhenmeter in einem 52-Grad-Winkel durchquert, relativ bequem erreichen. Im Tal finden sich mehrere ausgeschilderte Rundgänge zur Geschichte des Bergbaus. Wer schwindelfrei ist, kann sich zurück mit der Seilbahn Scenic Skyway (mit gläsernem Fußboden) transportieren lassen. Leider hatten wir erneut wegen der anbrechenden Dunkelheit nicht genügend Zeit für eine ausgiebige Besichtigung und fuhren zu unserem ganz in der Nähe liegenden Hotel, dem Lilianfels (einem Orient Hotel), welches ein wunderschönes koloniale Ambiente bot.

Der nächste Morgen weckte uns mit strahlendem Sonnenschein aber ziemlich kühlen Temperaturen. Dadurch wurden wir Zeuge eines wunderschönen Schauspiels: die Täler rund um Katoomba waren noch mit Nebel gefüllt, der von oben durch die Sonne beschienen wurde. Noch früh am Morgen besuchten wir die Hauptattraktion von Katoomba, The Three Sisters: drei nahe beieinander stehende Sandsteingebilde an einem Klippenrand. Die mehr als großzügig ausgebaute Besucherplattform ließ auf einen großen Besucherandrang im Sommer schließen.

Fahrt Richtung Canberra

Wir durchfuhren die Hauptstraße von Katoomba und waren, wie so oft in australischen Kleinstädten, wegen der ähnlichen Hausgiebel an die alten Westernstädte in den USA erinnert. Nächstes Ziel war das ebenfalls am Great Western Highway liegende Städtchen Blackheath. Hier lockt der Evans und der Govett's Leap Lookout, auch bestens für den Tourismus erschlossen. Man konnte es nicht glauben, daß hier noch 2002 ein Buschfeuer die gesamte Vegetation vernichtet hatte, denn die Täler zeigten sich frisch begrünt.

Bei Hartley verließen wir den Great Western Highway in Richtung Canberra. Sofort veränderte sich das Landschaftsbild: die Berglandschaft der Blue Mountains wurde abgelöst durch hügeliges, offenes Gelände, in dem sich hier und da Farmen (in Australien Stations genannt) fanden. Dominierend war die Schafzucht. Noch einsamer wurde es nach der Durchquerung des Städtchens Oberon. Auf einmal änderte sich wieder das Landschaftsbild und wir durchquerten riesige Kiefernaufforstungs- bzw. Rodungsflächen. In dieser Gegend wurde offenbar seit Jahrzehnten aktive Waldwirtschaft betrieben. Zu meiner großen Freude war die Straße durchgehend asphaltiert, war doch das Fahren auf dirt oder gravel roads mit einem Leihwagen verboten. Nach stundenlanger Fahrt erreichten wir endlich die recht große Stadt Goulburn. Wir passierten eine kleine Parkanlage mit einem viktorianischen Pavillon und wurden durch eine kleine Menschenansammlung neugierig gemacht. Jemand hielt in dem Pavillon einer Ansprache, davor standen einige wenige Menschen und hörten zu. Es stellte sich heraus, daß es sich um eine Art Gedenkveranstaltung zu Ehren der Aborigines handelte. Später sprach auch ein, ebenfalls sehr hellhäutiger Ureinwohner. Anschließend führten einige Kinder traditionelle Tänze auf. Auf mich machte das schon einen komischen Eindruck, denn die Kinder sahen durchweg europäisch aus, trugen moderne Kleidung und waren darüber nur in die Fahne der Aborigines gehüllt. Diese besteht aus einem roten und schwarzen Streifen mit einer gelben Sonne im Zentrum. Offenbar interessierte sich sowieso niemand für diese Veranstaltung, von den maximal 10 Zuschauern waren vielleicht zwei mit Aboriginesabstammung. Nachdenklich gingen wir weiter.

Goulburn blickt auf eine für australische Verhältnisse lange Geschichte zurück. Die Stadt wurde in den 1840er Jahren errichtet und an der Hauptstraße finden sich eine Reihe sehr repräsentativer Gebäude. Heute ist Goulburn Zentrum der regionalen Schafindustrie.