Wer die Geschichte seiner Familie erforschen möchte, sollte zuerst einmal alle Unterlagen sichten, die sich in seinem Besitz oder im Besitz von Verwandtschaft befinden. Man ist erstaunt, welche Informationen man dort auf relativ einfache Art und Weise zusammentragen kann!
Als nächstes muß man sich entscheiden, ob man einen kompletten Familienstammbaum aufstellen möchte mit allen möglichen Verzweigungen, oder ob man sich nur für die direkten Linien interessiert.
Hat man diese Entscheidung gefällt, müssen alle bislang vorhandenen Informationen möglichst vollständig in einen Familienstammbaum übertragen werden. Hierzu gibt es diverse Angebote im Internet.
Sehr schnell stellt man anhand des Stammbaumes fest, wo Lücken vorhanden sind. Wie soll also weiter vorgegangen werden?
Am 1. Oktober 1874 wurden in Preußen Standesämter eingeführt, die konfessionsunabhängig Bevölkerungsregister führten. Diese sind heute in den entsprechenden Stadt- oder Staatsarchiven einzusehen. Für die Zeit vor 1874 ist es wichtig festzustellen, welcher Konfession die Vorfahren angehörten.
Für evangelische Personen bietet sich ein Blick in das Bestandsverzeichnis des Evangelischen Zentralarchivs Berlin an. Das Zentralarchiv ist ein Kirchenarchiv, welches schrifliche Quellen zur Geschichte der evangelischen Kirchen in Deutschland verwahrt.
Als wahre Fundgrube für den Zeitraum vor 1874 erweist sich die Deutsche Zentralstelle für Genealogie in Leipzig. In ihr findet man die sog. Ahnenstammkartei des deutschen Volkes, gesammelte Kirchenbuchunterlagen, einen Gesamtkatalog der Personalschriften- und Leichenpredigtensammlungen sowie eine Spezialbibliothek und Sondersammlungen.
Die Bestände der Zentralstelle sind online recherchierbar unter https://archiv.sachsen.de/archiv/bestand.jsp?oid=13.01&bestandid=21962.
Wird man in den beiden genannten Stellen nicht fündig, bleibt nur noch die Suche nach den Lagerstätten der entsprechenen Kirchenbücher. Diese finden sich an verschiedenen Stellen, teilweise komplett gesammelt in Bistumsarchiven, aber auch in Stadtarchiven. Hier hilft nur eine entsprechende telefonische Vorabklärung. Die Digitalisierung von Kirchenbüchern schreitet glücklicherweise voran. Viele sind bereits bei Matricula online abrufbar.
Insbesondere für den Fall, daß die Vorfahren aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten stammen, bietet sich die Recherche in der Datenbank der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) an.
Die Mormonen hatten bis zum 2. Weltkrieg die einmalige Chance, fast den gesamten Kirchenbuchbestand in den ehemaligen deutschen Ostgebieten zu verfilmen. Daduch wurden Bestände gerettet, die in den Kriegswirren und der Zeit danach im Original für immer zerstört wurden. Verfilmt wurden auch Archivbestände im Bereich der heutigen Bundesrepublik.
Alte Kirchenbücher aus dem deutschsprachigen Raum sind ohne entsprechende Kenntnisse nicht einfach "so" zu lesen. Wenn Sie die Deutsche Kurrentschrift nicht beherrschen, haben Sie keine Chance, das Geschriebene zu lesen. Ja nach Talent des jeweiligen Schreibers sind die Kirchenbücher besser oder schlechter zu entziffern. Auf alle Fälle gehört eine Menge Übrung zum Lesen der Texte.
Verzeichnis der Kirchenbücher im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin,
Teil I: Die östlichen Kirchprovinzen der ev. Kirch der altpreußischen Union
Teil II: Alt-Berlin, Berlin o.J.
Das evangelische Zentralarchiv und seine Bestände, Berlin 1992.
Bestandsverzeichnisse der Zentralstelle für
Genealogie Leipzig;
Teil 1: Die Kirchenbuchunterlagen der
östlichen Provinzen Posen, Ost- und Westpreußen, Pommern und Schlesien; bearb.
von Martina Wormes u.a., 2. Aufl. Degener Verlag, Neustadt a. d. Aisch 1994
Teil 2: Die archivalischen und Kirchenbuchunterlagen der außerdeutschen
Siedlungsgebiete Bessarabien, Bukowina, Estland, Lettland, Littauen,
Siebenbürgen, Sudetenland, Slowenien und Südtirol; bearb. von Martina
Wermes u.a., Degener Verlag, Neustadt a. d. Aisch 1992
Teil 3: Die Kirchenbuchunterlagen der Länder und Provinzen des Deutschen Reiches (mit
Ausnahme der östlichen Provinzen Preussens); bearb. von Martina Wermes
u.a., Degener Verlag, Neustadt a. d. Aisch 1994
Teil 4: Volkmar Weiss, Katja Münchow: Ortsfamilienbücher mit Standort Leipzig. Degener Verlag,
Neusstadt a. d. Aisch 1996
Christoph Lenhartz: Kirchenbücher des Ostens, Heinzmann Verlag, Düsseldorf 1994
Wegweiser für die Forschung nach Vorfahren aus den ostdeutschen und sudetendeutschen Gebieten sowie aus den deutschen Siedlungsgebieten in Ost- und Südosteuropa, hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft ostdeutscher Familienforscher e.V., bearb. von Erich Quester, Degener Verlag, 4. Aufl. Neusstadt a. d. Aisch 1995