Für unseren Weihnachtsurlaub 1997/98 hatten wir ein besonderes Ziel gesucht: es sollte in der Karibik liegen, kein All-inclusive-Hotel sein und wir wollten vorzugsweise im Urlaub keine anderen deutschen Touristen treffen. Es stellte sich heraus, daß es ein schwieriges Unterfangen war, ein Ziel zu finden, welches all diesen Anforderungen gerecht wurde. Schließlich wurden wir fündig: die Reise sollte zum dem Amerikanischen Commonwealth angehörigen Puerto Rico gehen - Nachbarinsel der von Deutschen überlaufenen Dominikanischen Republik.
Nach 9stündigem Flug in der komfortablen Comfort Class der Condor ab Frankfurt kamen wir am Flughafen der Hauptstadt Puerto Ricos, San Juan, an. Kaum hatte sich die Flugzeugtür geöffnet, schlug uns 28° warme, schwüle Luft entgegen. Der Urlaub konnte beginnen!
Wir nahmen ein Taxi und los ging es Richtung Hotel. Wie gewohnt hatte ich den Urlaub sorgfältig vorbereitet, vor allem hatte ich meine Kenntnisse in Spanisch aufgefrischt, denn in allen Reiseführern war immer wieder auf die Tatsache aufmerksam gemacht worden, daß die Puertoricaner zwar von US-amerikanischen Subventionen leben, mit den "Amis" sonst aber nichts zu tun haben wollen - auch nicht sprachlich. Allerdings hätte ich mir nicht träumen lassen, daß ich so kurz nach der Ankunft von dieser Attitüde einen Vorgeschmack bekommen sollte!
So, wie man das mit mittelmäßigem Touri-Spanisch kann, hatte ich versucht, mich mit dem Taxifahrer zu unterhalten.
Dieser war überaus freundlich und lobte (für mich völlig unverständlich) sehr überschwenglich meine doch sehr mediokren Sprachversuche, bis ich den kapitalen Fehler beging, ihm - auf Spanisch! - zu sagen, daß ich besser Englisch spräche. Für den Rest der Fahrt verweigerte er jedes Gespräch, es war nicht zu glauben!
Nach ca. halbstündiger Fahrt über eine sehr amerikanisch anmutende Schnellstraße kamen wir an unserem Hotel "El Caribe Hilton", an. Wir hatten uns für dieses am Wasser gelegene Stadthotel entschieden, da wir uns vor allem die sehr bekannte Altstadt von San Juan anschauen wollten. Alle anderen Resorts Puerto Ricos liegen völlig abseits an irgendwelchen Küstenabschnitten.
Das Caribe Hilton ist ein etwas älteres 5-Sterne-Hotel, in dessen Turm wir - glücklicherweise in einer hohen Etage - unser Zimmer einnahmen. An der Hotelrezeption waren dann doch alle Angestellten zweisprachig gewesen. Von unserem Zimmer hatte man einen phantastischen Blick zum einen auf das Meer, zum anderen auf die beiden Brücken, die die Halbinsel von Alt San Juan mit den neueren Stadtteilen verbinden sowie auf die Festung San Gerónimo. Da diese Brücken ein Nadelöhr darstellten, über das häufig - mit amerikanischen Sirenen ausgestattet - Polizeiwagen brausten, waren wir über die Höhe des Zimmers mehr als glücklich.
Das Hotel verfügte über eine sehr große Parkanlage mit Pools und Liegemöglichkeiten. Ein Teil des Geländes grenzte ans offene Meer, wo es keine Möglichkeit gab, ins Wasser zu gelangen. Dafür gab es eine kleine abgegrenzte Bucht mit Sandstrand, allerdings nur wenigen schattigen Plätzen - bei der Sonneneinstrahlung unerläßlich! Zu meinem Ärger waren durch die Abgrenzung auch die Wellen gebrochen, so daß ich mein Body Board nicht nutzen konnte.
Die Lobby des Hotels war riesig und bestand aus einer offenen Bar mit großer Tanzfläche und Bühne für Bands. Einen Vorgeschmack auf karibische Lebensweise erhielten wir sofort an unserem Ankunftstag, einem Sonntag, an dem nachmittags auf der Bühne eine Band heiße Salsamusik spielte und augenscheinlich die Haute Volée von San Juan dort tanzte. Touristen trauten sich nicht zu diesem Tanzkönnern auf den Tanzboden!
Einen ersten Einblick in die historische Architektur San Juans bekamen wir durch das unmittelbar neben dem Caribe Hilton gelegene Fort San Gerónimo, einem wichtigen Baustein der alten spanischen Befestigung der Stadt direkt an der Einfahrt zum Hafen gelegen. Sehenswert ist auch das kleine dort befindliche Militärmuseum.
In der nächsten Zeit nutzten wir häufig die Gelegenheit, uns die Altstadt von San Juan, auf Spanisch "Viejo San Juan" anzusehen. Ist der Rest von San Juan gekennzeichnet durch moderne Hochhausbauten im typisch amerikanischen Stil so zeichnet sich die auf einer schmalen Landzunge zwischen Atlantik und einer Hafenbucht 1521 gegründete Stadt durch die unverwechselbare spanische Architektur der Kolonialzeit aus.
Dominiert wird die Altstadt durch alte, massive Verteidigungsbauten, allen voran die am äußersten nordwestlichen Ende der Landzunge gelegene Festungsanlage Castillo de San Felipe del Morro, kurz El Morro genannt. Die enorme Größe des Verteidigungsbaus mit vorgelagerter großer Freifläche gibt auch heute noch einen Eindruck von der enormen strategischen Bedeutung Puerto Ricos für die Spanier.
Wir waren von der sechsstöckigen Bastion mit ihren zahlreichen unterirdischen Gängen mehr als beeindruckt und nutzen mehrere Gelegenheiten zu ausgiebigen Besichtigungen!
Von El Morro aus umzieht eine oftmals 15 m hohe, breite Befestigungsmauer die Altstadt. In gewissen Abständen sind in die Mauer kleine Bastionen mit Schießscharten integriert.
Zur Verstärkung der Stadtmauer wurde 1634 auch das an der nordöstlichen Küste gelegene Castillo San Cristóbal errichtet. Im Laufe der Geschichte hatte sich gezeigt, daß die Festung El Morro alleine zur Verteidigung der Stadt nicht ausreichte. Auch San Cristóbal verfügt über enorme Ausmaße und ist in 5 abgeschlossene Einheiten gegliedert.
Ganz in der Nähe liegt der Plaza de Colón, der Kolumbusplatz, mit einer auf einer Säule stehenden Kolumbusstatue, errichtet 1893 anläßlich des 400. Jahrestages der Entdeckung der Insel durch ihn. Für uns war der Kolumbusplatz immer das Tor zur weiter westlich gelegenen Altstadt.
Viejo San Juan ist gekennzeichnet vom Versuch der Spanier, ihre für Kolonialstädte typische schachbrettartige Straßenführung auch auf diese unsymetrisch geformte Landzunge zu übertragen (was ihnen im zentralen Bereich der Stadt auch gelungen ist!). Die Altstadt besteht aus unzähligen Straßen und Gassen, durch die sich der viel zu umfangreiche Verkehr quetscht. Um der chaotischen Situation überhaupt Herr zu werden, hat sich die Stadtverwaltung zur Einrichtung einer Einbahnstraßensystems entschlossen, was die Orientierung mit einem Auto nicht unbedingt vereinfacht!
Sofort beim Betreten der Altstadt fiel uns die typische spanische Architektur auf. Man konnte gar nicht glauben, daß wir uns in einem den USA assoziierten Land befanden! Häuser in Pastellfarben mit schmiedeeisernen Balkonen, Kopfsteinpflaster, Galerien, Bars, Cafés bestimmten das (gepflegte) Bild. Anläßlich des großen Kolumbusfestes 1992 war es zu umfangreichen Renovierungsmaßnahmen gekommen.
Neben den zahllosen Autos verstopften häufig, vor allem nach der Landung eines Kreuzschiffes, Touristen die Altstadt. Da Viejo San Juan relativ klein aber mit einer Reihe von Sehenswürdigkeiten ausgestattet ist, zudem über einen großen Kreuzfahrthafen direkt an der Altstadt verfügt, ist es "das" Ziel für Kreuzfahrtschiffe. Häufig beobachteten wir das Schauspiel des Anlandens eines solch' großen "Potts". Zuvor hatten sich schon Unmengen an Händlern am Pier aufgebaut, die nun versuchten, ihre Ware an den Mann oder die Frau zu bringen. Überhaupt herrschte an den Anlegepiers immer viel Trubel. Vor allem am Pier 1, dem ein wunderschöner Platz mit altem Baumbestand vorgelagert war, fanden sich immer Touristen und Einheimische, die auf den zahlreichen Bänken ausspannten. Limonadenverkäufer priesen ihre Ware an.
Von hier aus hatte man auch einen guten Blick zum im neokolonialen Stil erbauten US-Zollamt.
Alle Sehenswürdigkeiten Alt San Juans zu nennen, ist hier fast unmöglich: die Catedral de San Juan Bautista, das am Kolumbusplatz gelegene Teatro Tapia y Rivera, die Calle del Cristo, an der der beliebteste Park San Juans (Parque des Las Palomas), die Kathedrale sowie die berühmt Bar El Batey liegen, sind nur eine ganz kleine Auswahl.
Auf unserem Weg zur Altstadt mußten wir immer das "Puerta de Tierra" (Tor zum Land) genannte Stadtviertel durchqueren. Es schließt sich direkt an die Altstadt an und der Name ist darauf zurückzuführen, daß dieses Gebiet früher außerhalb der Stadtmauern lag. Unser Hotel lag am äußersten östlichen Rand dieses durch viele Verwaltungseinrichtungen geprägte Viertel. So findet sich beispielsweise auch das puertoricanische Parlamentsgebäude "El Capitolio" hier in Strandnähe, welches stark an sein Washingtoner Vorbild erinnert. Unweit steht auch die Casa de España, ein mit blauen Kacheln dekoriertes Gebäude, welches heute für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. Ganz in der Nähe des Hotels fand sich auch der weitläufige Parque Luís Muños Rivera, an dem wir vor allem am Wochenende die zahlreichen Einheimischen bei ihren Freizeitvergnügen beobachten konnten. Leider machte der Bereich zwischen Park und Capitolio - im Gegensatz zur wirklich gepflegten Altstadt - keinen besonders schönen Eindruck: viele Geschäfte standen leer, in den Ecken lag Müll herum etc...