Lange Jahre hatte ich mich gesträubt, einen Urlaub auf der "Putzfraueninsel" Mallorca zu verbringen. Vor allem der aus meiner Sicht nicht so schöne Urlaub auf Teneriffa hatte mir die Lust auf spanische Inseln verdorben. Ende Mai 2000 sollte es aber dann doch losgehen.
Am Sonntag Spätnachmittag starteten wir mit Air Berlin von unserem heimischen Flughafen in einer halbleeren Maschine, und bereits nach 2,5 Stunden hatten wir den Flughafen von Palma de Mallorca erreicht. Diesmal hatten wir nicht den Fehler von Teneriffa wiederholt, sondern ein Auto gemietet. Die Fahrt vom Flughafen bis zu unserem vorab gebuchten Hotel Nixe Palace dauerte vielleicht eine halbe Stunde. Vom Hotel selbst waren wir sofort begeistert. Es lag westlich der Altstadt von Palma de Mallorco im Stadtteil Terreno direkt am Wasser in Hanglage und bestach durch seine äußerst geschmackvolle Einrichtung. Uns hatte man das beste Zimmer gegeben, direkt über der Lobby mit überdachtem Balkon und phantastischem Meerblick. Dieser Urlaub ließ sich gut an!
Sofort den nächsten Tag nutzten wir, um uns die Hauptstadt Mallorcas, Palma de Mallorca, anzuschauen. Hier bekamen wir auch einen Eindruck vom Verkehr auf der Insel, die die höchste Verkehrsdichte in ganz Europa hat. Autofahren ist dort nichts für schwache Nerven! Über eine Schnellstraße erreichten wir zügig in ca. 10 Minuten das Stadtzentrum.
Am eindrucksvollsten war die auf den Resten einer maurischen Moschee ab 1230 erbaute, direkt am Hafen liegende Kathedrale La Seu. Sie zählt sicher zu den schönsten gotischen Kirchen in ganz Europa und ich war von den wunderschönen Fenstern begeistert. Gegenüber der Kathedrale liegt der Almudaina-Palast (Palau de l'Almudaina), der heute Amtssitz des Königs bei offiziellen Anlässen ist. Ein Stückchen weiter, ebenfalls am Hafen, liegt die auch aus gotischer Zeit stammende Handelsbörse La Llotja mit den typischen Kreuzgewölben.
Hinter der Handelsbörse findet man ein uriges Altstadtviertel, welches fast vollständig verkehrsberuhigt ist. Vor allem in der Calle Apuntadors finden sich zahlreiche - oft allerdings sehr touristische - kleine Lokale und abends ist der Teufel los. Angenehm hebt sich das schon legendäre Abaco aus dem Touri-Einerlei hervor. Diese Bar / Restauration ist mit Hunderten von Blumenbouquets und Früchten dekoriert. Einen Platz zu ergattern ist äußerst schwierig, wir hatten abends aber häufiger Glück und fanden noch ein Eckchen. Begrenzt wird dieser Stadtteil auf der östlichen Seite vom platanenbestandenen Passeig Born, wo Einheimische und Touristen gerne auf den Bänken eine Rast einlegen.
Es gibt noch zahlreiche andere Sehenswürdigkeiten in der Altstadt, alleine die zahlreichen Stadtpaläste aufzuzählen, würde hier den Rahmen sprengen. Am besten man nimmt sich entsprechend Zeit und einen guten Stadtplan und geht auf Entdeckungstour. Für mich erwähnenswert ist noch das Denkmal des Franziskanermönches Juníperro Serra. Serra wurde auf Mallorca geboren und war im 18. Jahrhundert der Gründer zahlreicher Missionsstationen in Kalifornien. U.a. gründete er auch die Los Angeles. Vor einem Jahr hatte ich in Kalifornien die Gelegenheit, die erste dort von Serra gegründete Missionsstation Carmel zu besuchen. Für mich hatte sich mit dieser Mallorcareise folglich der Kreis geschlossen. Eine sehr schöne Erfahrung!
Am nächsten Tag stand eine Rundfahrt durch den Westteil der Insel auf dem Programm. Als erstes stoppen wir im Edelyachthafen Puerto Portals, wo vor allem eine erstklassische Cuisine lockt, die wir, vor allem im "Tistán", direkt am Pier gelegen, häufiger kosteten. Weiter ging es auf der Hauptstraße nach Port d'Andratx (gesprochen: Andratsch), einem schönen Naturhafen, und "dem" angesagten Edelort der Insel - allerdings ohne Strand. Von Andratx fuhren wir auf Kurven durch die Berge bis wir endlich das Meer sahen. Der Blick vom Mirador (span. mirar = sehen, schauen) de Ricardo Roca nach Norden war atemberaubend schön und erinnerte mich sofort an die Ausblicke, die wir in Kalifornien vom Highway 1 über die Küste gehabt hatten! Auch die weitere Strecke hoch über der Steinküste bot immer wieder unvergleichliche Blicke über das Meer auf der einen und Kiefern, Ölbäume und kleine terrassenumsäumte Felder auf der anderen Seite. Jede Kurve bot einen neuen Blick über schroffe Felsvorsprünge und Landzungen. Irgendwann hinter dem Örtchen Estellencs erreichten wir den aus dem 16. Jahrhundert stammenden Mirador de ses Animes, den Ausblick der Seelen, 250 m hoch über dem Meer gelegen.
Schließlich erreichten wir eines der Highlights der Insel: das Städtchen Valldemossa, welches sich um das ehemalige Kartäuserkloster und die Pfarrkirche gruppiert. Bekanntheit erreichte der Ort vor allem durch die Romanze zwischen der Schriftstellerin George Sand und dem Komponisten Frédéric Chopin, die hier einen Winter verbrachten. Das auf einem islamischen Alkazar erbaute Kloster ist ein absolutes "Besichtigungs-Muß". Wir schauten uns zudem noch die Ober- und Unterstadt an und waren sehr angetan von den verschachtelten Sträßchen. Allerdings dürfte ein Ausflug nach Valldemosse zur Hauptsaison wenig empfehlenswert sein. Schon Ende Mai, z.Zt. unseres Besuches, herrschte viel Betrieb, vor allem auch von Bustouristen.
Sehr sehenswert sind auch die traumhaften Jardines des Alfabia nördlich von Palma in der Nähe von Sóller gelegen. Diese noch auf maurische Zeit zurückgehenden Gärten mit Laubengängen, Springbrunnen, Dattelpalmen und zahlreichen anderen Pflanzen werden mit Wasser gespeist, welches aus den dahinterliegenden Bergen stammt. Im östlichen Teil der Insel wäre ein solch künstlich angelegtes Paradies undenkbar! Weiter fuhren wir nach Norden zur Küste, um dann von der Hauptstraße abzubiegen. Von dort beginnt sicherlich eine der verrücktesten Straßen der Welt, die Straße nach sa Calobra an die Küste.
Sa Calobra war bis 1932 ein verschlafenes Fischernest, welches aus 9 Häusern bestand, bis irgendjemand auf die Idee kam, dorthin eine Straße zu bauen. Die Straßenführung ist absolut irrwitzig und nur erfahrene Autofahrer sollten sie befahren. Sie schlängelt sich in atemberaubenden, z.T. 300-Grad-Kurven, die auf 4 km 800 m Gefälle haben, durch eine bizarre Karstlandschaft. Manchmal verengt sich die Straße auf 2 m und wenn einem dann einer vielen Touristenbusse begegnet, heißt es am Hang rangieren Wie gesagt, nichts für Anfänger. Endlich unten angekommen, fragt man sich, warum man diese Fahrt auf sich genommen hat, denn das Kaff ist nur auf Massentourismus eingestellt, dessen Touristen durch die schon erwähnten zahlreichen Busse hierher gekarrt werden.
Für Naturliebhaber wirklich sehenswert ist allerdings der durch einen Fußgängertunnel von der "Kurpromenade" erreichbare Torrent de Pareis. Zwei aus den Bergen kommende Flüsse - "Torrents" - haben hier die zweitgrößte Erosionsschlucht des Mittelmeerraumes gebildet und der Gang durch diesen Canyon ist atemberaubend!