Schon seit langem hatte ich vorgehabt, einmal auf Island Urlaub zu machen. 2005 sollte es dann soweit sein.
In der 3. Maiwoche ging es wieder los von unserem Heitmatflughafen nach Frankfurt. Leider betrug der Stopover 2 h 45 Min., den wir in der mittelprächtigen Lounge der Iberia verbrachten, bis wir mit Iceland Air in einer Boeing 757 weiterfliegen konnten. Es war nicht mehr die neueste Maschine, aber die Flugbegleiter der Business Class gaben sich alle Mühe, uns in den 3,5 Stunden Flugzeit gut zu betreuen.
Strahlend blauer Himmel beim Anflug ermöglichte uns einen uneingeschränkten Blick auf die Insel von "Feuer und Eis", so die Eigenwerbung. In der Tat konnte man gut die riesigen schneebedeckten Gletscher vom Flugzeug aus erkennen. Bei zunehmender Annäherung an den Zielflughafen Keflavik (gesprochen: Keplavik) erinnerte die Landschaft allerdings eher an den Mond: scheinbar vegetationslose Lava wohin das Auge blickte!
Als ich noch innerhalb des Flugzeuges die Arbeiter beim Entladen des Gepäcks beobachtete, schwante mir nichts Gutes, denn ich sah, welch' extrem starker Wind draußen wehte. Da Island dem Schengen-Abkommen beigetreten ist, entfielen die Einreiseformalitäten, auch den Mietwagen, einen Skoda, konnten wir problemlos in dem kleinen Flughafen entgegennehmen. Schon der Weg vom Terminal zum Auto gestaltete sich wegen des starken und sehr kalten Windes recht schwierig. Das konnte ja heiter werden!
Die 50 Kilometer bis Reykjavik befuhren wir über eine gut ausgebaute, vierspurige Straße, die auf der einen Seite am Meer, auf der anderen Seite an der eintönigen Lavalandschaft vorbeiführte. Nirgends war nur ein Baum oder Strauch zu sehen. In Reykjavik angekommen, überraschten uns Straßenführungen wie in den USA: sechsspurige Straßen und abenteuerliche Brückenkonstruktionen. Erst nach Schwierigkeiten fanden wir endlich unser Domizil für die nächsten 14 Tage: das Nordica Hotel an der Suðurlandsbraut. Es ist ein modernes 4-Sterne-Designerhotel, das Beste, welches Island zu bieten hat, wie wir später feststellen sollten. Das Zimmer war nicht besonders groß, zeichnete sich aber durch einen ausgezeichneten Blick nach Norden auf die schneebedeckten Berge aus. Gäste des Hotels waren z.Zt. unseres Besuches weniger Touristen, sondern eher Geschäftskunden. So wurde eine internationale Tagung nach der anderen dort abgehalten. Sehr gewöhnungsbedürftig war für uns in den ersten Nächten die Tatsache, daß die Sonne erst gegen 23.40 Uhr unter- und bereits gegen 3 Uhr wieder aufging. Richtig dunkel wurde es eigentlich gar nicht. Dies liegt daran, daß sich Reykjavik nicht so weit südlich des Polarkreises befindet...
In dem 870 von den Wikingern gegründeten Reykjavik (= Rauchbucht) wohnen heute ca. 110.000 von 280.000 Einwohnern Islands insgesamt. Die Menschen, die dem Landleben entfliehen, wohnen in gesichtslosen Häuserblocks am Stadtrand. Der Stadtkern hingegen ist historisch mit vielen schönen alten Häusern, u.a. dem Falken-Haus. Haupteinkaufsstraßen sind die Austurstræti, Bankastræti und Hafnarstræti mit zahlreichen kleinen Geschäften, in denen viele Souvenirs aber auch die bekannten isländischen Wollwaren verkauft werden.
Da ich unbedingt in das bekannte Nationalmuseum (Pjódminjasafn Íslands) wollte, machten wir uns zu Fuß aus Richtung Westen auf dem Weg. Vorbei am Parlament (Alþingishúsið), durch das postmoderne Rathaus (Ráðhús Reykjavíkur), vorbei am Stadtsee und Naturschutzgebiet Tjörnin, wo trotz des kalten Windes eifrig die Enten gefüttert wurden. Das Nationalmuseum zeigte Exponate aus der Zeit der Wikingerbesiedlung bis heute und ermöglichte einen Eindruck in die Geschichte dieser sturmumtobten Insel. Erfreulicherweise war die Beschriftung aller Ausstellungsstücke durchgängig auch auf Englisch gehalten. Überhaupt sprechen ein Großteil der Isländer Englisch, vor allem die jungen Leute, da Englisch Dänisch (Sprache der ehemaligen Kolonialherren) 1999 als erste Fremdsprache an den Schulen abgelöst hat.
Beeindruckt war ich auch nach einem Besuch im Kulturhaus (þjóðmenningarhús) an der Hverfisgata. In der Handschriftenausstellung waren u.a. der Codex Regius der Lieder-Edda und der Snorra Edda aus dem frühen Mittelalter zu bewundern!
Weithin sichtbar ist das markanteste Gebäude der Stadt, die Hallgrímsson-Kirche, 73 m hoch und auf einem Hügel über der Stadt errichtet. Davor findet sich ein von den USA gestiftetes Denkmal von Leifur-Eriksson, dem Entdecker Amerikas.
Die Anzahl der Touristen z.Zt. unseres Besuches hielt sich ziemlich in Grenzen, stieg aber Anfang Juni dann deutlich an. In der Innenstadt Reykjaviks finden sich zahlreiche Kneipen und Restaurants, denen, zusammen mit den Geschäften, eins gemein ist: die exorbitanten Preise (Wechselkurs Mai 2005: 100 Island Kronen = 1,18 Euro). D.h. ein kleines Bier kostete überall ca. 500 ISK (im Hotel 650 ISK), ein besserer (maschinengestricker) Wollpullover 13.000 ISK, der Grundpreis für das Taxi lag bei 470 ISK. Auch in normalen Supermärkten außerhalb der Stadt lagen die Preise für Lebensmittel etwa 1/4 über denen in Deutschland. Extrem waren die Preise in den zahlreich (ca. 6 in Reykjavik) vorhandenen Gourmet-Restaurants. Island wirbt mittlerweile damit, Gourmethauptstadt zu sein und verfügt über international bestens ausgebildete Köche. So war der Koch des in unserem Hotel befindlichen Vox z.B. ein Bocuse-Schüler. Dafür lagen die Preise für ein Hauptgericht auch bei 3.000 - 3.700 ISK, eine Flasche Wein schlug mit erneut ca. 6.000 ISK zu Buche plus ggf. eine Vorspeise. Die Qualität war allerdings unschlagbar, der Fisch landete beispielsweise direkt vom Schiff in der Küche. Nicht nur besuchenswert wegen der hervorragenden Küche ist die "Perlan", eine Stahl-Glas-Kuppel über auf einem Hügel liegenden Wassertanks, künstlicher Geysir inklusive. Das Blick auf Reykjavik und Umgebung ist grandios.
Interessant war auch der Besuch des Flohmarktes im alten Zollgebäude Kolaportið am Hafen, der am Wochenende stattfindet. Hier sieht man ein buntes Gemisch an Isländern, wo professionell und weniger professionell die verschiedensten Sachen verkauft werden. Mit etwas Glück findet man ein Reisemitbringsel zu einem annehmbaren Preis.
Da wir weiterhin Glück mit dem Wetter hatten, es schien die Sonne, der Wind hatte abgenommen und es waren etwa 7 Grad, nutzten wir einen Sonntag zu einem langen Spaziergang durch Laugardalur, dem Viertel, in dem unser Hotel lag. Mittelpunkt ist ein riesiger Park mit verschiedenen Attraktionen. Nur 5 Minuten vom Hotel lag das Ásmundur Sveinsson Skulpturenmuseum (Ásmundarsafn), ein Haus im Iglustil des berühmten Bildhauers Sveinssons mit zahlreichen Skulpturen in und außerhalb des Gebäudes. Wenig entfernt findet sich der Botanische Garten (Grasagarður), in dem man einen Eindruck von der Vegetation Island, welches immerhin knapp unterhalb des Polarkreises liegt, bekommt. Besonders stolz sind die Isländer auf die schon 1929 gepflanzten Bäume, die zeigen, wie langsam Bäume in dem rauhen Klima wachsen! Neben dem Garten befindet sich eine Eissporthalle, ein Fußballstadion, dessen Kunstrasen geothermal beheizt wird sowie der Zoo (Húsdýragarður) samt Familienpark mit allerlei Kinderattraktionen. Von dem Zoo sollte man sich nicht zuviel versprechen, ausgestellt werden fast alle isländischen Haustiere sowie einige Robben und Rene.
Auf einem angrenzenden Parkgelände veranstaltete wohl die städtische Feuerwehr einen Tag der offenen Tür und wir bekamen einen Eindruck von dem anderen Temperaturempfinden der Isländer: zwar war strahlender Sonnenschein, es war aber nur ca. 7 Grad warm und der Wind recht kühl. Trotzdem rannten die Einheimischen nur mit T-Shirts oder Hemden bekleidet herum und bespritzen sich sogar mit Wasser.
Besonders schön war für uns der Blick von der das Tal überragenden Langholts Kirche.
Der Name Laugardalur (= Warm-Wasser-Tal) kommt von den heißen Bächen, die das Tal in früheren Zeiten durchflossen und an denen die Frauen ihre Wäsche wuschen. Heute noch kann man eine solche Waschstelle mit entsprechenden Infos (auch auf Englisch) besichtigen. Heute sind die heißen Quellen nutzbar gemacht worden und zahlreiche Edelstahlpavillions kennzeichnen ihr Auftreten. Selbst aus unserem Hotelfenster blickten wir auf zwei solcher Pavillons. Fast ganz Reykjavik und auch viele andere Orte auf Island werden mit geothermaler Energie beheizt - die Luft auf der Insel ist sicher eine der saubersten und klarsten in einem bewohnten Gebiet auf dieser Welt. In dem Tal gab es auch ein großes Schwimmbad (Laugardalslaugin), welches durch geothermisches Wasser beheizt wird.
Eine gute Vorstellung vom Leben auf Island in alten Zeiten bekommt man beim Besuch des Museumsdorfes Árbær (Árbæjasafn), östlich des Stadtzentrums. Auf dem großen Gelände hat man zahlreiche alte Gebäude wiedererrichtet und auch innen ausgestattet. Leider war das Museum im Mai noch nicht geöffnet, so daß wir die Häuser nur von außen anschauen konnten. Interessant war die Grassoden-Architektur zu betrachten. Da schon seit dem 13. Jahrhundert die ohnehin spärliche Baumvegetation abgehackt war, wurde Holz zum Luxusprodukt. Man behalf sich mit der Errichtung von Seitenwänden durch Grassoden und Steine, die auch der Isolation dienten. Licht bekamen solche Häuser nur durch die Vorder- und Rückseite.
Nicht so weit entfernt findet sich auch Islands größte, architektonisch schöne Shopping Mall, Smarálind. Allerdings wurde nur aktuelle Mode nicht nach meinem Geschmack und zudem zu sehr teuren Preisen angeboten.
Auf der Fahrt zurück besuchten wir auch Bessastaðir, die Residenz des Staatspräsidenten auf der Halbinsel Álftanes. Kirche und Haus gehören zu den ersten Steingebäuden Islands und liegen direkt gegenüber Reykjavik in sehr schöner Position. Bei dem schönen Sonnenschein konnten wir auch die zahlreichen Tiere auf dem Meer gut beobachten.