Eine Rundreise durch Finnland

Durch das zufällige Treffen mit einigen reiselustigen älteren Damen aus Finnland im Jahr zuvor in Estland, die mir ihr Heimatland in den höchsten Tönen anpriesen, hatte ich in diesem Jahr den Entschluß gefaßt, nach Finnland zu reisen. Wie aber anreisen? Letztlich blieben nur zwei Möglichkeiten: mit den Auto nach Travemünde und von dort mit der Fähre in 30 Stunden bis Helsinki oder mit dem Flugzeug nach Helsinki und von dort mit dem Leihwagen weiter.

Da Fähre und Flug fast den gleichen Preis kosteten, entschloß ich mich wegen der großen Zeitersparnis für die Flugvariante. Die Planung der Reiseetappen gestaltete sich schwierig wegen der überschaubaren Anzahl an Ferienwohnungen und vor allem auch wegen den dafür geforderten Preisen. Finnland ist kein Niedrigpreisreiseland! Insofern stand am Ende der Planung eine Route mit teilweise recht unterschiedlichen Tagesetappen fest, die auf die oben genannten Gründe zurückzuführen ist.

Leider stand die Reise unter keinem guten Stern. Wie immer hatte ich bereits sechs Monate im voraus die Unterkünfte gebucht und auch wie immer beim Anbieter Booking.com. Bislang hatte das jedes Mal gut funktioniert. Nun schlug wie eine Bombe nur einen halben Tag vor Abflug die Mail des Anbieters meiner ersten Unterkunft in Helsinki ein. Er sei überbucht und Schuld sei "das System". Ich könne nicht kommen. Somit stand ich für die ersten beiden Nächte ohne Übernachtungsmöglichkeit dar! Buchstäblich auf den allerletzten Drücker fand ich noch eine andere Unterkunft, natürlich deutlich teurer und der gesamte Besichtigungsplan Helsinki mußte umgeworfen werden. Was denken sich solche "Gastgeber" eigentlich?

Helsinki

Fix und fertig wegen des extremen Stresses der letzten Stunden flog ich schließlich vom Heimatflughafen nach Frankfurt und von dort weiter mit der vollbesetzten Lufthansamaschine in 3,5 Stunden nach Helsinki. Da funktionierte der Gepäckempfang sehr schnell und das Ausleihen des Mietwagens war problemlos. Allerdings mußte man vom Terminal gut 400 Meter mit dem Gepäck zum abseits gelegenen Parkdeck marschieren. Was geht das eigentlich bei Schnee und Regen? Los ging es mit dem Auto über die bestens ausgebaute Stadtautobahn mit Tempo 70-80 h/km. Daran sollte man sich auch halten, denn überall, wirklich überall und in ganz kurzen Abständen stehen an der Straße Radarfallen vom Typ "Starenkasten". Dankenswerterweise wird allerdings durch Symbolschilder auch ständig auf die drohende Ungemacht hingewiesen.

Bei immer noch strahlendem Sonnenschein und 23 Grad erreichte ich meine kurzfristig gebuchte Unterkunft in der Helsinkier Vorstadt Espoo. In dem nagelneuen Gebäude, einem Co-Working-Space, bezog ich ein Apartment im 15. Stock und konnte die Aussicht über die absolut flache, durch die letzte Eiszeit geprägte Landschaft genießen.

Am nächsten Tag ging ich zu Fuß zur nächsten Metrostation in der Nähe der Universität, die am heutigen Sonntag natürlich verlassen wirkte. Nun stand ich vor einem Problem: der am Eingang stehende (einzige!) Fahrscheinkartenautomat war kaputt und natürlich gab es keinen Fahrkartenschalter. Was tun? Zugegebenermaßen bin ich alles andere als Smartphone-App-affin. Und bezahlen möchte ich schon gar nicht mit einem "Handy". Vermutlich gab es irgendeine online Bezahlmöglichkeit für die Metro, aber das erschloß sich mir nicht auf die Schnelle und wie sollte ich das nun im Eingang stehend herausfinden? Oh Mann: 100 € Strafe drohten für das Schwarzfahren - aber für fünf Stationen dachte ich: Augen zu und durch.

Die Probleme nahmen kein Ende: Aussteigen wollte ich am Hauptbahnhof, mußte aber feststellen, daß die U-Bahn wegen Bauarbeiten nicht bis dorthin durchfuhr und die Station vorher Endstation war - Kamppii. Dort war auf dem Metrovorplatz eine Art Künstlermarkt, auf dem ich erstaunlich viel Russisch hörte. Waren das alle Putin-Flüchtlinge, Ukrainer oder doch Touristen? Allerdings hatte Finnland nur wenige Wochen zuvor die Grenzübergänge zu Rußland komplett geschlossen… Zu Fuß erreichte ich dann den wirklich imposanten Hauptbahnhof, erbaut 1919 vom Architekten Eliel Saarinen aus heimischem Granit.

Direkt neben dem Bahnhof findet sich ein großer Platz, eingefaßt auf der einen Seite vom ebenfalls aus Granit 1902 erbauten Nationaltheater und vis-à-vis steht die finnische Nationalgalerie Ateneum. Von dort aus geht man, zusammen mit Menschenmengen aus aller Herren Länder, zu DEM Wahrzeichen Helsinkis: dem am Senatsplatz gelegenen weißen Dom, erbaut ab 1830 vom deutsch-finnischen Architekten Carl Ludwig Engel, allerdings mit entscheidenden "Empfehlungen" des russischen Zaren Nikolaus I., denn Finnland war zu dieser Zeit ein Teil des russischen Imperiums (bis 1809 hatte es zu Schweden gehört).

Der Senatsplatz ist gesäumt durch ein repräsentatives Gebäude der Universität und das Regierungspalais. Gegenüber dem Dom finden sich eine Touristeninformation und einige alte Kaufmannshäuser. Das älteste erhaltene Steingebäude der Stadt ist das 1757 erbaute Sederholm-Haus, in dem heute das Stadtmuseum untergebracht ist. Der Eintritt war erstaunlicherweise gratis, ein Ausstellungskonzept erschloß sich mir aber überhaupt nicht. Keine Frage, die alten Photographien waren interessant - die Stadtgeschichte Helsinkis erzählten sie aber in keiner Weise. Schade für eine Hauptstadt. Nach einem kurzen Gang Richtung Osten erreicht man den Hafen mit der typischen, roten Backsteinarchitektur des 19. Jahrhunderts. Über den Gebäuden thront auf einem Granitfelsen die imposante Uspenski Kathedrale von 1868, wohl die größte orthodoxe Kathedrale Westeuropas. Skurril mutete schon die Szene im Inneren an, wie sich Massen von Touristen, insbesondere Chinesen, hinter der Absperrung drängten und davor eine junge Familie mit Baby stand, welches vor den vielen glotzenden Augen getauft werden sollte. Das hatte fast schon Zoo-Charakter.

Die Kathedrale, von der man wegen der erhöhten Position auf einem Felssockel einen sehr guten Blick auf die gesamte Umgebung hat, ist auch das Eingangstor zum Viertel Katajanokka mit seinen zahlreichen Jugendstilgebäuden. Dieser finnische Jugendstil unterscheidet sich aber eklatant von dem im lettischen Riga, denn Letzterer ist viel verspielter und bunter. In Helsinki dominieren gedeckte Erdfarben und die oft aus lokalem Granit gehauenen Figuren sind weniger filigran wie jenseits der Ostsee. Schnell gelangt man wieder zum Wasser, wo die riesigen Fähren nach Schweden und Estland anlegen. Auch in Helsinki findet sich das in größeren Städten heute scheinbar unvermeidliche Riesenrad - was aber nicht soooo groß ist. Wenig weiter, auf dem Hauptmarkt, war am heutigen Sonntag bei bestem Wetter für finnische Verhältnisse extrem viel Betrieb an den Touristenständen mit unzähligen, alles andere als preiswerten Souvenirs. Allerdings gab es auch einige Obst- und Gemüseverkäufer. Einen Vorgeschmack auf das Preisniveau in Finnland erhielt ich beim Anblick einer kleinen Schale (einheimischer!) Erdbeeren für sage und schreibe 8 €!

Trotzdem drängten sich die Menschenmassen auch in der alten, nahegelegenen historischen Markthalle. Bei dem warmen und sonnigen Wetter genoß ich den Spaziergang durch den langgestreckten Esplanade-Park, in dem zahlreiche Musiker vor den vollbesetzten Bänken musizierten. Der Park ist rechts und links von "Edel"-Geschäften gesäumt und sehr offensichtlich waren zahlreiche Reisegruppen aus dem arabischen Raum hier auf Shoppingtour. Ich schenkte mir selbst den Blick in die Schaufenster und vor allem auf die Preise. Stattdessen machte ich einen Abstecher zum bekannten Kaufhaus Stockmann, dem finnischen Pendant zum KaDeWe. Hier standen zig Chinesen Schlange, um bei Louis Vuitton eingelassen zu werden. Wie sich die Zeiten ändern. Ich kann mich noch gut an die Schlange stehenden Japaner vor ähnlichen Läden früher in Waikiki, Hawaii, erinnern. Nun begegnen mir überall auf der Welt chinesische Touristen.

Neben den Chinesen fielen mir in Helsinki auch zahlreiche sehr offensichtliche Nicht-Finnen wie (Ost-)Afrikaner und Inder auf, die Aushilfsjobs machten. Dies ist auffällig im Vergleich mit Polen und dem Baltikum, wo man so gut wie keine Immigranten sieht. Ich kehrte spätnachmittags wieder per Metro zurück zum Apartment. Zum Glück hatte diesmal der Ticketautomat funktioniert! Allerdings kommt man mit Bargeld in der Stadt nur recht bedingt weiter. Die Digitalisierung ist voll angekommen und man bezahlt per App, Kreditkarte & Co..

Von Helsinki nach Westen Richtung Turku

Am nächsten Tag, einem Montag, verließ ich Helsinki und fuhr in Richtung Westen. Mein nächstes Ziel lag 40 km entfernt, das bekannte Haus Hvitträsk. Es war Heim und Atelier der bekannten Architekten Saarinen, Gesellius und Lindgren. Das im Stil des finnischen Jugendstils errichtete Gebäude, in Deutschland würde man es als Landhausstil bezeichnen, liegt malerisch hoch über einem See und ist von einem sehr hübsch angelegten und gepflegten Garten umgeben. Das im Gebäude untergebrachte Museum war leider nur mittwochs bis sonntags geöffnet und stand für mich somit für eine Besichtigung leider nicht zur Verfügung.

Um die Fahrt abwechslungsreicher zu gestalten, machte ich nach erneut 40 km einen Halt am Hafen von Ingå, der einen hübschen Blick über die südfinnische Schärenküste bietet. Wunderschön ist auch die Felsenkirche aus dem 16. Jahrhundert. Weiter ging es im vorgeschriebenen Zockeltempo von meist 80 h/km, oft auch reduziert auf 60 und radikal überwacht durch unzählige Starenkästen, durch eine leicht hügelige Agrarlandschaft. Stellenweise waren abgeerntete Getreidefelder zu sehen, teilweise stand das Korn aber auch noch auf dem Halm. Daneben sah ich Grünland, teilweise mit folienverpackten Silageballen. Heu macht man so weit nördlich offenbar nicht. Überraschenderweise konnte ich nirgends Vieh auf Weiden sehen, erwartet hätte ich z.B. Kühe.
Einen Stop legte ich am Herrenhaus Mustio oder dem Schwarzen Schloß ein, welches heute als Schloßhotel dient. Das imposante und sehr hübsche Gebäude wurde zwischen 1783 und 1792 errichtet und ist das größte nicht-kirchliche Holzgebäude Finnlands. Der ursprüngliche Barockgarten wurde im Stil der Zeit in einen englischen Landschaftspark umgestaltet und ist heute einer der größten privaten historischen Gärten Finnlands. Z.Zt. meines Besuches war das Gelände menschenleer und ein Spaziergang im Park erschloß immer wieder neue Sichtachsen.

Sehenswert, aber ganz anders, ist das Herrenhaus Wiurila, erbaut 1787 vom Architekten Engel, der auch in Helsinki und zahlreichen anderen Städten Finnlands seine prägenden Spuren hinterlassen hat. Gelb-ockerfarben gestrichen mit schweren Säulen macht der Eingang einen wuchtigen Eindruck. Die Armfelt Familie, die das Gebäude seit Erbauung nutzt, erzielt heute anscheinend ihr Einkommen mit dem Unterhalt eines großen Golfplatzes. Daneben gibt es auch ein Restaurant. Das angepriesene Museum stellte sich im Stile eines Heimatmuseums als ein Raum mit Einrichtungsgegenständen und Kleidung der Eigentümerfamilie aus den letzten Jahrhunderten heraus. Im zweiten Raum befindet sich eine große Sammlung sehr unterschiedlicher Pferdekutschen und Schlitten. Spannend für mich zu sehen waren zwei Trachtensättel, die auf den ersten Blick aussahen wie deutsche Wehrmachtssättel vom Typ M 25 aus dem 2. Weltkrieg. Allerdings waren sie an den Pauschen modifiziert. Handelte es sich um eine finnische Militäradaption?

Die nächste Sehenswürdigkeit lag direkt an der Straße, war hübsch restauriert und im für Finnland typischen rot-braun gestrichen, wirkte aber völlig verlassen: das hölzerne Pukkila Herrenhaus, erbaut 1762. Bis 1970 war es samt Nebengebäuden offenbar noch fest bewohnt. Ein weiteres Herrenhaus, Tuorla, schaut auch auf eine sehr lange Geschichte zurück, die man allerdings beim Besuch nicht unbedingt sieht. Der alte Bischofssitz wurde bereits 1515 urkundlich erwähnt, wechselte dann häufig die Besitzer. Das Gebäude ist größenmäßig sehr überschaubar, trotz Erweiterungen Anfang des 19. Jahrhunderts. Aus der Zeit stammt allerdings auch der repräsentative quadratische Speicher nebenan. Heute befindet sich auf dem Gelände, zu dem noch weitere Gebäude gehören, eine Landwirtschaftsschule.

Nun war es nicht mehr weit bis zum nächsten Ziel, der Stadt Turku. Der Schlüssel zu meinem Apartment in einem brandneuen Gebäude am Rande der Altstadt lag in einem Safe, der mit einer Kette am Außengeländer war . Diese kreative Lösung ist mir vorher auch noch nicht untergekommen. Für Mitteleuropäer recht ungewöhnlich ist auch das finnische Schlüsselsystem: zum einem sind die Schlüssel extrem schmal und die Schlösser werden in Wandrichtung - also für uns die falsche Richtung - aufgeschlossen.

Nach meinem ersten Tag "Über-Land-fahren" ist für mich schnell ersichtlich geworden, daß Finnland bei weitem nicht über die Anzahl an Sehenswürdigkeiten verfügt wie z.B. die baltischen Länder. Dort stolpert man regelrecht fast überall über imposante Herrenhäuser, Burgen und Schlösser. In Finnland sind solche Attraktionen in deutlich geringerer Zahl vorhanden, man muß sie regelrecht suchen und auch hochgelobte Sehenswürdigkeiten sind, sagen wir einmal, meist überschaubar.

Turku

Bei erneut wunderschön warmen und sonnigen Wetter stand nun ein Besuch der Innenstadt Turkus auf dem Programm. Die Stadt ist mit knapp 200.000 Einwohnern die fünftgrößte Finnlands und kann auf eine lange Historie zurückblicken, denn Åbo, so der ursprünglich schwedische Name, wurde 1229 als Bischofssitz gegründet. Besiedelt war die Gegend aber bereits in der Steinzeit. Turku war bis 1809 Hauptstadt Finnlands. Nachdem Schweden die Provinz Finnland an Rußland verloren hatte, verlegten die neuen Machthaber die Hauptstadt ins näher nach St. Petersburg gelegene Helsinki, welches bis zu diesem Datum ein verschlafenes Nest war.

Mein erstes Ziel war natürlich der Dom, den ich von meinem hoch gelegenen Apartment bereits gesehen hatte. Der Weg dorthin führte mich von Norden kommend an das Ufer des Aurajoki-Flusses, den ich auf einer Brücke überquerte. Recht schnell erreichte ich die Piispankatu (katu = Straße), die direkt auf den Dom zuführt. An ihr findet sich auch das Sibeliusmuseum des berühmten finnischen Komponisten und das Bürgerhausmuseum Ett Hem, welches zu diesen frühen Stunden noch geschlossen hatte.
Das 1300 auf einem Hügel erbaute Gebäude ist die einzige mittelalterliche Kathedrale des Landes und Sitz des Erzbischofs. Der Dom ist mehr als sehenswert mit seinem wirklich hohen Kreuzgewölbe. Der Domhügel wird gesäumt durch klassizistische Bauten des bekannten Architekten Engel. Nach einem verheerenden Stadtbrand 1827 überplante er die komplette Stadt mit einem rechteckigen Straßen-Gitternetz. In einer unglaublich gepflegten Parkanlage neben dem Dom (ein Gärtner entfernte gerade minutiös alle verblühten Blütenblätter) steht das sehr sehenswerte Denkmal des im 17. Jahrhundert residierenden schwedischen Generalgouverneurs Per Brahe. Von dort aus sind es nur noch einige Schritte jenseits einer breiten Straße zum alten Rathaus, welches von anderen klassizistischen Gebäuden mit diversen Hinterhöfen flankiert wird. An einem, einer ehemaligen Polizeistation, spiegeln erstaunlicherweise erhaltene Hausbeschriftungen die Geschichte der Stadt und des Landes wieder. Zuoberst steht die schwedische Beschriftung, dann in Fraktur die finnische und zu unterst das Ganze noch mal auf Russisch. Durch das Gewirr an Hinterhöfen erreichte ich die nächste Hauptstraße, folgte dieser bis zu einem steilen Treppenanstieg auf einen Hügel mit Parkanlage.

Hier findet sich das ebenfalls von Engel geschaffene Observatorium. Auf der anderen Hügelseite trifft man auf ein Freilichtmuseum (Luostarinmaki). Letztlich handelt es sich um das einzige Stadtviertel, welches den Brand von 1827 wegen der abseitigen Lage überstand. Bereits 1940 entschloß sich die Stadt, aus dem einzigartigen Gebäudeensemble ein Freilichtmuseum zu machen. Ein Besuch hier ist mehr als empfehlenswert, denn die Anlage vermittelt einen plastischen Eindruck des Lebens in Turku vor gut 200 Jahren. Ich nahm mir entsprechend Zeit, die zahlreichen Gebäude von innen zu besichtigen.

Über die breite Kaskenkatu Straße erreichte ich bald wieder eine Brücke über den Fluß, an dem diverse historische Schiffe festgemacht hatten. Von der Brücke hat man zur rechten Seite auch einen schönen Blick über den Fluß auf den Dom. Schnell erreicht man dann das "neue" Stadtzentrum Turkus und aufgrund des quadratischen Grundrisses ist die Orientierung mehr als einfach. Hier finden sich noch historische Holzhäuser als auch gründerzeitliche Paläste, aber auch postmoderne Gebäude. Es gibt mehrere Fußgängerzonen und auch ein sehr großes, modernes Shoppingcenter, welches nun am Nachmittag von zahlreichen Schülern nach Schulschluß frequentiert wurde. Auch ein Stockmann Warenhaus ist angeschlossen mit ähnlichen Preisen wie in Helsinki.

Ich ließ mich durch die Stadt treiben, auf dem großen Marktplatz war gerade Markt, allerdings in Relation zum Platz klein, dafür auch mit großen Preisen. Am Nordende des Marktes befindet sich die orthodoxe Kirche der Heiligen Alexandra. Sehr sehenswert ist auch die unweit entfernte historische Markthalle von 1896, in der es auch Bären-, Rentier- und Hirschfleisch in Dosen zu kaufen gab. Wie auch Helsinki ist Turku relativ multikulti mit zahlreichen eingewanderten Menschen aus dem asiatischen, arabischen und afrikanischen Raum. Die Stadt machte insgesamt einen sehr gepflegten Eindruck, wirkte allerdings - trotz der Geschäftstätigkeit - nicht hektisch.

Am nächsten Tag holte ich den am Vortag ausgefallenen Besuch der Burg und des Maritimens Forums nach. Die Burg mit Grundsteinlegung 1280 ist absolut einen Besuch wert und liegt direkt an der Flußmündung ins Meer. Am Flußufer liegen auch einige historische Schiffe, darunter ein großes Segelschiff.

Von Turku nach Norden: Rauma - Pori - Merikarvia

Mein Weg führte mich weiter parallel zur Küste nach Norden. Nach nur 35 km hatte ich das Herrenhaus Louhisaari erreicht, welches aus dem Jahr 1655 stammt. Die dahin führende Eichenallee erinnerte mich entfernt an Ostpreußen. Geradezu niedlich ist der hinter dem Haus befindliche Park nach englischem Vorbild. Die gesamte Anlage ist unglaublich gepflegt und bekannt als Geburtsstätte von Feldmarschall Carl Gustav Mannerheim (*1867), der die finnische Geschichte maßgeblich prägte. Zum Gesamtensemble, allerdings einige Kilometer entfernt an der Hauptstraße, gehört auch eine hübsche Kirche.

Weitere 50 km nördlich lohnt ein Stop in Uusikaupunki zur Besichtigung der wunderschönen "Alten Kirche" von 1623.
Ebenfalls 50 km entfernt liegt die Stadt Rauma, die nicht umsonst auf der UNESCO-Denkmalliste steht. 1442 gegründet besticht die Stadt durch ihre historischen Bauten, insbesondere die Stadtkirche aus der Gründerzeit. Sehr hübsch sind auch das Rathaus und die umgebenen, teilweise in exzellentem Erhaltungszustand befindlichen historischen Holzhäuser. Erstaunlicherweise waren aber auch hier quasi weder Touristen noch Einheimische zu sehen. Ursprünglich hatte ich geplant, östlich des Ortes ein großes Areal mit bronzezeitlichen Gräbern in Sammallahdenmäki zu besuchen, verzichtete aber wegen der fortgeschrittenen Zeit.
Statt dessen fuhr ich weiter nach Norden und machte einen Abstecher von der Hauptstraße in den Außenbereich von Eurojoki, um mir das Herrenhaus Vuojoki anzuschauen, eines der schönsten Empiregebäude Finnlands von 1836.
In der nächsten Stadt, Pori, liegen alle Attraktionen mehr oder weniger an der Hauptstraße Hallituskatu: das von Engel erbaute Rathaus (1841), das Theater (1884) und die Stadtkirche (1863). Parallel dazu wurde direkt am Fluß Kokemäenjoki eine sehr breite Promenade angelegt.

Mein nächstes Ziel liegt 19 km von Pori entfernt: der Yyteri-Strand mit imposanter Breite und recht hohen Sanddünen. Der touristischen Infrastruktur nach zu urteilen muß es Zeiten geben, wo hier absolute Hochsaison herrscht.

Zu meinem Etappenziel Merikarvia am heutigen Tag nahm ich nicht die Haupt-, sondern Nebenstraße Nr. 269/272, die deutlich landschaftlich reizvoller ist und teilweise an der Schärenküste entlang führt.

Nach einer Nacht in einer rustikalen Unterkunft ging es am nächsten Morgen 150 km weiter nach Norden Richtung Vaasa.

Weiter nach Norden: Merikarvia - Vaasa - Kokkola

Leider hatte das Wetter umgeschlagen und statt 23 Grad empfing mich Regen. Die langweilige Straße führte immer geradeaus durch landwirtschaftliches Gebiet, in dem überall noch das Getreide auf dem Halm stand. Auffällig waren die kleinen Felder. Teilweise sah ich auch Treibhäuser, die offenbar der Versorgung des Landes mit Gemüse dienen. Auch zu sehen war viel Grünland mit in Kunststoff verpackten Silageballen.

Die 1606 auf schwedischen Befehl gegründete Stadt Vaasa besteht heute aus quasi zwei Teilen: Alt Vaasa und Neu Vaasa, 7 km voneinander entfernt. Nach einem desaströsen Brand 1852 war vom ursprünglichen Vaasa bis auf den barocken Steinbau des Hofgerichtes nichts mehr stehengeblieben. Letzterer ist heute noch sehr sehenswert. Die Geschichte des Brandes wird eindrucksvoll im kleinen aber sehenswerten Museum von Alt Vaasa erläutert (kostenfreier Eintritt).

Das Brage-Freilichtmuseum konnte ich nur noch von außen besichtigen, denn mit Ende der Saison 11.8. schließt es. Ich fuhr weiter nach Neu-Vaasa, wo neben dem Rathaus und der Kirche der große Marktplatz zu einem Besuch einlädt. Sehenswert hier war ein großes Gebäude an der Stirnseite mit Jugendstilelementen aus Granit gehauen.

Noch einmal 135 km weiter erreichte ich das nächste Etappenziel Kokkola, wo ich in einem wunderschön und liebevoll eingerichteten Apartment übernachtete. Wie ich am nächsten Tag feststellte, war die gesamte Stadt überaus gepflegt mit hübschen Parkanlagen und einem geschlossenen historischen Holzgebäudeviertel "Neristan", durch welches man in Ruhe bummeln sollte.