Eine Reise an den Plattensee und nach Budapest

An einem heißen Sommertag Mitte Mai 1997 starteten wir morgens um 5 Uhr Richtung Süden. Diesen zweiwöchigen Urlaub wollten wir zur Hälfte in Ungarn in der Nähe des Plattensees (ungarisch: Balaton) und zur anderen Hälfte in Österreich am Neusiedler See verbringen. Nach 13,5 langen Stunden erreichten wir endlich unser Ziel für die erste Urlaubshälfte: das Rogner Hotel Lotus Therme am Rande des Heilbades Hévíz. Das sehr geschmackvolle Hotel gehörte zu einer österreichischen Hotelkette und war erst vor einigen Monaten eröffnet worden.

Den nächsten, auch wieder unglaublich heißen Tag nutzten wir, um den gesamten Plattensee zu umrunden. Los ging es von Hévís zum nahe gelegenen Keszthely (gesprochen: Keschtej) und von dort weiter entlang des Südfufer des Sees, welches nicht viel Interessantes zu bieten hatte. Den ersten größeren Touristenspot erreichten wir in der Stadt Fonyód mit seinem riesigen Strand, auch in Balatonlelle boxte der Bär. Nach weiteren Kilometern erreichten wir die größte Stadt am Plattensee, das völlig verbaute Siófok, welches noch ein unbeschreiblich sozialistisches Flair ausstrahlte. Bei der Wärme tummelten sich Unmengen von Menschen im nur knietiefen, lauwarmen Wasser. Siófok war immer schon "das" Ziel für billigen Massentourismus und ist entsprechend ausgestattet. Neben den "normalen" Touristenhotels baute man nach dem 2. Weltkrieg unzählige staatliche Erholungsheime und Hotels, die mit ihrem größtenteils 60er und 70er Jahre Baustil heute einen sehr merkwürdigen Charme ausstrahlen. Wir besichtigten auf Empfehlung des Reiseführers das ehemalige Erholungszentrum für Parteibonzen, den Club Aliga in Balatonvilágos. Zwar war die Anlage 2 Jahre vor unserem Besuch privatisiert worden, hatte aber nichts von seinem sozialistischen Flair eingebüßt. Für uns war der Besuch wie eine Zeitmaschine!

Wir fuhren weiter, um zum Nordufer des Sees zu gelangen. Leider wird die Luft in der Stadt Balatonfüzfö durch eine Papier- und Chemiefabrik verdreckt. Balatonalmádi ist einer der größten Badeorte am Nordufer des Sees und hat ein fast 7 Kilometer langes Badeufer! Kurz darauf erreichten wir den Anfang des Weinanbaugebietes am Plattensee. Viele der Orte am Nordufer des Sees gehen noch auf römischen Ursprung zurück und bieten zahlreiche Sehenswürdigkeiten, zu deren Besichtigung wir leider nicht mehr genügend Zeit hatten. Wir hingegen erfreuten uns am langsamen Durchfahren der lieblichen Gegend. An den Hängen der am Nordufer gelegenen Vulkankegel bauten auch schon die Römer Wein an. Spät abends erreichten wir nach dieser schönen Rundtour erst wieder unser Hotel.

Nun wollten wir uns endlich auch unseren eigentlichen Urlaubsort, Hévíz, anschauen. In Hévíz befindet sich der größte Thermalsee Europas, wo aus großer Tiefe bis zu 40° heißes Wasser an die Oberfläche tritt. Schon die Römer hatten die Quellen von Hévíz gekannt und darin gebadet, und im 18. Jahrhundert entwickelte sich der erste Tourismus, der Hévíz zu großer Bekanntheit verhalf. Wahrzeichen des Ortes ist das 1795 erbaute hölzerne Badehaus.

Der Ort selbst ist ein typischer Kurort mit den entsprechenden Einrichtungen und der entsprechenden Klientel. Rheumapatienten kommen nicht nur aus Ungarn, sondern aus ganz Europa, um in den Heilquellen und mit den Fangopackungen Linderung zu suchen. Die Architektur ist eine Gemengelage aus historischen und häßlichen 70er Jahre Gebäuden.

Nachmittags fuhren wir zur größten Stadt am Nordufer des Plattensees, die wir am Tage vorher auch schon durchquert hatten: Keszthely. Die Geschichte der Stadt ist eng verknüpft mit dem kroatischen Adelsgeschlecht Festetics, die im 18. Jahrhundert die Stadt samt Umland erwarb und u.a. auch Bäderreisen nach Hévíz propagierte. Sehenswert ist das 1745 errichtete Schloß Festetics, in dem heute das Schloßmuseum untergebracht ist. Vom Schloß aus gelangt man zur Fußgängerzone mit mehreren denkmalgeschützen Häusern. Wir besichtigten noch das sehr sehenswerte Balaton-Museum, wo eindrucksvoll die Geschichte dieses einmaligen Sees erläutert wird.
Der Plattensee ist der größte See Mitteleuropas und für die Ungarn das was für die Franzosen die Côte d'Azur ist! Da er im Sommer bis zu 28° warm wird und zudem, vor allem an der Südküste, sehr flach ist, eignet er sich hervorragend als Familienausflugsgebiet.
Vom Balaton-Museum waren es nur noch einige Schritte bis zum Strandbad, welches z.Zt. unseres Besuches bei Luft-Temperaturen an die 30° komplett überfüllt war.

Um auch einen Eindruck von der Gegend im Hinterland des Plattensees zu bekommen, fuhren wir dann weiter nach Sümeg. Dort befindet sich auf einem Kalksteinkegel Ungarns größte Burgruine, die wir besichtigen wollten. Die Burg wurde im 13. Jahrhundert erbaut und ist in weiten Bereichen restauriert worden. Im Sommer finden hier regelmäßig mittelalterliche Reiterspiele statt, die viele Besucher anziehen. Im Burgmuseum erfährt man von der langen Geschichte der Burg und von den Zinnen hat man einen phantastischen Blick auf das gesamte Umland.

Nach einem "Gammeltag" am Pool des Hotels hatte ich für den nächsten Tag in Keszthely ein Pferd gebucht. Da ich vorgehabt hatte, wenigstens ein Mal in Ungarn zu reiten, hatte ich Zuhause meine Reitsachen eingepackt. Wegen der unglaublichen Hitze ging es erst gegen 17 Uhr los. Mit von der Partie war der Sohn des Stallbesitzers und eine weitere Deutsche. Man hatte mir einen echt ungarischen Kracher gegeben und der Sohn schien auch nur eine Gangart zu kennen: Galopp. Die Gegend, durch die wir immerhin 2 Stunden ritten, war wunderschön. Kleine Wäldchen wechselten sich mit offenen Grasflächen ab und alle Wege waren pferdefreundlich aus Sand. Völlig geschafft kamen wir wieder am Stall an. Ein tolles Erlebnis.

Ausgerechnet am Tage unseres geplanten Budapest-Ausfluges hatte das Wetter umgeschlagen. Die Temperatur war von 30 auf 15 ° gefallen und es regnete in Strömen! Trotzdem ging es morgens um 7.30 Uhr los und aufgrund eines Unfalles, der zu einem Verkehrschaos führte, erreichten wir erst nach Stunden das ca. 90 km entfernte Budapest. Von einem schönen Aussichtspunkt hatten wir dann Gelegenheit, von der höher gelegenen Budaer Seite aus über die Donau auf die Pester Seite zu blicken. Erst im Jahre 1873 waren die 3 Städte Buda, Pest und Óbuda zu Budapest vereinigt worden. Von unserem Aussichtspunkt aus hatten wir auch einen grandiosen Blick auf das nach dem Vorbild der Londoner Houses of Parliament errichtete Parlamentsgebäude. In der Stadt hatten wir dann Gelegenheit, bei leider strömenden Regen, den Heldenplatz mit dem Grab des unbekannten Soldaten zu besichtigen.

Weiter ging es dann auf den Burgberg zur im 13. Jahrhundert errichteten Matthiaskirche. Es ist "die" Kirche Budapests, nicht zuletzt, weil darin Franz Joseph und seine "Sissi" gekrönt wurden. Von der unterhalb der Kirche gelegenen Fischerbastei, einer Wallkonstruktion, hatte man einen sehr schönen Blick auf die Kettenbrücke über die Donau und das Parlament. Nach einem Mittagessen ging es mit dem Bus weiter wieder auf die Pester Seite, welche sich im Regen wie Ostberlin vor 1989 präsentierte. Endlich hatten wir Zeit zur freien Verfügung und wurden aus dem Bus entlassen. Ich nutzte die Zeit zu einem Bummel durch die Budapester Fußgängerzone Váci utca, wo die Geschäfte Preise hatten wie in westeuropäischen Metropolen. Wie sollten die Menschen hier das bloß bezahlen? Am Anfang der Straße findet sich das bekannteste Kaffeehaus Budapests, das Café Gerbeaud, davor der Vörösmarty tér, der zentrale Platz der Innenstadt.

Leider neigte sich der erste Teil unseres Urlaubes nun schon dem Ende entgegen und wir machten uns auf den Weg nach Österreich zum Neusiedler See. Kurz vor der Grenze machten wir noch einen Zwischenstop im Örtchen Fertöd, in welchem sich die bedeutendste Barockanlage Ungarns befindet, das Schloß Esterházy. Dieses wurde ab 1764 von Fürst Esterházy nach Versailler und Schönbrunner Vorbild erbaut.

Von der Schauseite wurde das Schloß inzwischen einigermaßen restauriert, der Barockgarten war allerdings völlig verwildert, einzig die Koniferen wurden wohl noch regelmäßig kegelförmig beschnitten. Leider bot sich uns hier nur noch ein trauriger Anblick. Trotzdem nutzten wir die Zeit zur einer Besichtigung der Innenräume. Wie so ein Schloß im renovierten Zustand aussieht, sahen wir einige Tage später beim auf österreichischer Seite gelegenen Schloß Esterházy in Eisenstadt.

Nach diesem Zwischenstop ging es zügig weiter zum nahegelegenen Grenzübergang nach Österreich, den wir problemlos passieren konnten.

Fazit unseres Ungarnaufenthaltes: In der Woche unseres Urlaubes in Hévíz haben wir einen ganz guten Eindruck von dem Gebiet des Plattensees und von Budapest erhalten. Hévíz eignete sich sehr gut als Ausgangspunkt zu Touren rund um den See, der Ort unterscheidet sich sehr ansprechend von den schrecklichen Städten am Südufer des Plattensees, die noch unverkennbar sozialistischen Ursprungs sind. Alle Ungarn, denen wir begegneten, war sehr freundlich und hilfsbereit, fast alle sprachen ein gutes Deutsch. Für Budapest hätte man mehr Zeit und besseres Wetter benötigt, zumindest erhielt ich einen ersten Eindruck dieser historischen Stadt.

Hier folgt der weitere Reisebericht zum Neusiedler See / Österreich
Hier klicken für den Bericht zum Tagesausflug nach Bratislava / Slowakei


Literaturempfehlung:


- Herl, Michael: Ungarn. München 1996 (= Polyglott Reiseführer)
- Herl, Michael: Plattensee. München 1996 (= Polyglott Reiseführer)