Ende Mai, Anfang Juni 2022 war ich für eine Woche in Freiburg und unternahm von dort aus mehrere Ausflüge ins nahegelegene Elsaß. Da ich dort schon mehrmals war, suchte ich mir diesmal Ziele aus, die ich noch nicht besucht hatte. So fuhr das unweit von Colmar gelegene Städtchen Kaysersberg, Geburtsort des Nobelpreisträgers Albert Schweitzer. Der Ort besteht höchstwahrscheinlich schon seit römischer Zeit und ist wegen seines erhaltenen Ensembels reich verzierter Fachwerkhäuser ein beliebtes Ausflugsziel.
Kaysersberg liegt am Fuße der Vogesen. Fährt man nach Westen auf serpentinenartigen Straßen in die Berge hinein, erreicht man nach gut 20 Kilometern den Collet Du Linge (deutsch: Lingekopf). Der Lingekopf war im ersten Weltkrieg einer der Schauplätze des deutsch-französischen Gebirgskrieges.
Ab dem 4. August 1914 erhielt die französische Armee den Befehl, ins Elsaß, das seit 1871 zum Deutschen Kaiserreich gehörte, vorzustoßen und die Täler und wichtigsten Städte zu erobern. Zwischen dem 20. Juli 1915 und 15. Oktober 1915 versuchte sowohl die deutsche als auch die französische Armee, die Höhenlagen in den Vogesen zu erobern und es kam am Lingekopf zu verheerenden Kampfhandlungen mit 17.000 Toten. Da keine Seite Geländegewinne erzielen konnte, erstarrte die Front bis zum Waffenstillstand 1918 und die Kampfhandlungen verlagerten sich zum Hartmannswillerkopf, mit über 900 Metern Höhe ebenfalls ein strategischer Punkt in den Vogesen. In den vier Kriegsjahren wechselte die Bergkuppe vier Mal den Besitzer, 30.000 Soldaten ließen ihr Leben in völlig sinnlosen Schanzenkämpfen.
Mit Geschichte, allerdings unter deutlich erfreulicheren Vorzeichen, hatte auch mein weiteres Ausflugsziel zu tun: das Freilichtmuseum écomusée d'Alsace in de Nähe von Ungersheim.
Kaysersberg
Deutscher Unterstand am Lingekopf von 1915. Die deutschen Linien waren im Gegensatz zu den tiefer liegenden französischen massiv mit Natursteinen und Betonbefestigungen ausgebaut und sind somit heute deutlich besser erhalten. Teilweise waren die feindlichen Linien nur wenige Meter voneinander entfernt. Sehenswert ist auch das an das Schlachtfeld angrenzende Musée mémorial du Linge.
Französischer, weitgehend unbefestigter Schützengraben.
Auf dem unweit gelegenen Soldatenfriedhof von Wettstein (Cimetiere Militaire du Wettstein) sind zahlreiche Tote der Kämpfe bestattet.
Gedenkstätte Hartmannswillerkopf ...
mit angrenzendem französischem Nationalfriedhof. Im Hintergrund gut zu erkennen der Bergkopf mit strategischer Lage: nach rechts (Osten) Blick über das Oberrheintal bis zum Schwarzwald, nach links (Westen) in die Vogesentäler
Eine der zahlreichen zugänglichen Militärstellungen am Hartmannswillerkopf
Freilichtmuseum écomusée d'Alsace in de Nähe von Ungersheim mit brütenden Störchen