Endlich erreichten wir den ehemaligen Wal- und Robbenfängerhafen Warrnambool, wo sich das Mantra Deep Blue Hotel als ausgesprochen gut entpuppte. Interessant ist der Besuch des Tower Hill State Game Reserve in der Nähe der Stadt, einem Vulkankrater, in dem zahlreiche Tiere leben, so auch Emus. Einen Besuch wert ist auch das Städtchen Port Fairy, wie der Reiseführer richtig schreibt "eines der am besten erhaltenen Beispiele für eine australische Kleinstadt aus dem frühen 19. Jahrhundert". Hinter der Industriestadt Portland lohnt ein Abstecher zu Cape Bridgewater mit einem petrified forest und einer Robbenkolonie. Vor Mount Gambier durchquert man erneut riesige Kiefernplantagen, kein Wunder, daß die Stadt ihren Wohlstand der Holz verarbeitenden Industrie verdankt. Millicent ist umgeben von reinem Agrarland mit zahlreichen Schafweiden.

Das nächste Nachtquartier war in Kingston S.E. gebucht. Leider mußten wir feststellen, daß die Renovierung des Royal Mail Hotels nur bis zur Außenfassade gereicht hatte. Innen war man noch nicht vorankommen. Irgendwie mußte mir bei der Buchung auch entgangen sein, daß zu dem winzigen Zimmer nur Gemeinschaftssanitäranlagen auf dem Flur gehörten. "Rustikal" wäre ein noch beschönigender Begriff für das gesamte Ensemble. Entschädigt wurden wir durch das im Erdgeschoß liegende Pub und die ausgesprochen netten Bekanntschaften, die wir dort machten

Nach einer schrecklichen Nacht und einem minimalistischen Frühstück verließen wir Kingston. Weiter ging es auf einer schnurgeraden Straße durch eine landschaftlich recht eintönige Gegend. Nach Erreichen des Coorong National Parks folgten wir der Anregung des Reiseführers und bogen links auf die nicht asphaltierte Coorong Loop Road ab. Diese war in der Tat eine reizvolle Alternative zum parallel verlaufenden Princes Highway, denn wir konnten zahlreiche Tiere, so auch farbenfrohe Papageien, beobachten. Interessant waren auch einige Haltepunkte, so unter anderem Chinamens Well, im 19. Jahrhundert Durchgangspunkt für chinesische Einwanderer, die dem Lockruf des Goldes in Südaustralien folgten.

Die Straße zog sich weiter hin, es ging durch ebenes Gelände, teilweise Marschlandschaft entlang des Lake Alexandrina. Anstatt den kürzesten Weg zu unserem nächsten Ziel, Victor Harbor, zu nehmen, entschlossen wir uns zu einem Umweg über Tailem Bend. Hier wollte ich unbedingt das Freilichtmuseum Old Tailem Town besichtigen. An diesem Tag mitten in der Woche waren wir die einzigen Besucher. Das war sehr schade, denn das Museum ist wirklich einen Besuch wert. Schnell kamen wir mit dem Initiator und Besitzer des Museums ins Gespräch. Er hatte vor sehr vielen Jahren der Regierung ein bereits an anderer Stelle bestehendes Freilichtmuseum "für einen Apfel und Ei" abgekauft und in den darauf folgenden Jahren an der hiesigen Stelle wiederaufgebaut und enorm erweitert. Das Museum gliedert sich in einen städtischen und ländlichen Bereich und man bekommt wirklich eine Vorstellung vom australischen Leben bis vor gut 50 Jahren.

Nach einer ausgiebigen Besichtigung wurde es Zeit, endlich aufzubrechen. Die Fleurieu Peninsula, an dessen Südseite Victor Harbor liegt, ist eine hügelige, landschaftlich recht abwechslungsreiche Gegend, die für Adelaide als Naherholungsgebiet dient. Auch Victor Harbor war, wie viele Orte an der Südküste, im 19. Jahrhundert ein bedeutender Stützpunkt für Wal- und Robbenjäger. Heute verfügt der Ort über eine gute touristische Infrastruktur. Das Anchorage Hotel ist ein direkt am Meer gelegenes traditionsreiches Haus, und wir erfreuten uns abends an dem riesigen Gußofen im Restaurant, der eine wohlige Wärme verbreitete.

Beim Besuch in einem Supermarkt fiel uns an der Kasse ein Schild auf: Plastiktüten sind in South Australias Supermärkten seit Mai 2009 komplett verboten. Zum Verkauf wurden Textilbeutel angeboten.

Am nächsten Morgen hieß es sehr früh aufstehen, denn wir mußten bis zum Fährhafen Cape Jervis noch 60 Kilometer fahren und die Fähre nach Kangaroo Island ging um 9 Uhr. Die Autofahrt erst bei Dunkelheit dann im Morgengrauen war abenteuerlich: erst stand ein Mutterschaf samt Nachwuchs mitten auf der Straße, dann ein ausgewachsenes Känguruh. Ich war heilfroh, endlich den Hafen erreicht zu haben. Dort wunderte ich mich allerdings darüber, daß der Fährterminal noch verschlossen war und wir sowieso die einzigen Wartenden waren. Erst nach geraumer Zeit trudelten weitere Passagiere ein, die auf meine Nachfrage lachend erwiderten "Oh, you're on Victoria time!" Den Grenzübertritt nach South Australia bereits irgendwo vor Kingston hatten wir nicht mitbekommen. Im Gegensatz zu den USA, wo Schilder - zumindest an den Hauptstraßen - auf eine andere Zeitzone hinweisen, hatte in Australien nichts gestanden. In South Australia war es 30 Minuten früher als in Victoria. Wäre die Zeitverschiebung in die andere Richtung gegangen, hätten wir die Fähre verpaßt.

Kangaroo Island

Das Verladen auf die vielleicht 50 Fahrzeuge fassende Katamaran-Fähre erfolgte relativ leger. Da war ich von den Fährschiffen nach Großbritannien einiges andere gewöhnt! Die etwa 45minütige Überfahrt bei strahlendem Sonnenschein verging, vertieft ins Gespräch mit netten Australiern, wie im Fluge. In Penneshaw auf Kangaroo Island landete die Fähre an und es folgte für uns noch eine über zweistündige Autofahrt, bis wir endlich den Abzweig zu unserem gebuchten Hotel, der Southern Ocean Lodge sahen. Von der Hauptstraße zog sich noch eine gut sechs Kilometer lange dirt road, bis wir endlich das Hotel erreichten. Dieses kleine, aber höchst exklusive Refugium paßt sich auf fantastische Art und Weise in die Landschaft ein. Von jedem Bereich des Hotels, dem sogenannten grand room bis hin zu den Suiten hat man einen atemberaubenden Ausblick auf die Steilküste der Insel. Auch dieses Hotel nutzt ausschließlich Regenwasser und eine eigene Meerwasserentsalzungsanlage. Empfangen wurden wir vom Hoteldirektor persönlich, der unseren Aufenthalt zu unserem Erstaunen schon völlig verplant hatte. Bereits am frühen Abend sollten wir zu unserer ersten Tour aufbrechen.

Gegen 16:30 Uhr verließen wir mit nur fünf anderen Hotelgästen in einem Kleinbus, begleitet von einem hoteleigenen Guide, das Haus. Ziel war eine aufgelassene Farm, auf dessen Gelände sich nun unzählige Tiere, vor allem aber das Graue Riesenkänguruh und die kleinen Wallabies tummelten. In Australien gibt es circa 90 verschiedene Känguruharten, von denen das Rote Riesenkänguruh, welches nur im Outback vorkommt, das größte ist. Das Graue ist die zweitgrößte Känguruhart und verfügt über ein dickes, wasserdichtes Fell. Wir waren fasziniert vom Anblick der Tiere.

Am nächsten Vormittag ging es wiederum in einer Kleingruppe los, diesmal zum östlich gelegenen Seal Bay Conservation Park, an dessen Strand sich hunderte von australischen Seelöwen tummeln. Um die Tiere zu schützen, darf man das ganze Gebiet auch nur mit einem Ranger betreten. Uns war nicht zu viel versprochen worden, schon rechts und links des Weges hinunter zum Strand lagen die Tiere und schliefen oder spielten. Am Strand kann man noch sehr viel mehr Tiere beobachten. Diese australischen Seelöwen, die um einiges kleiner sind als ihre kalifornischen Verwandten, sind stationär. Sie kehren immer wieder zu ihrem angestammten Strand zurück. Ausgewachsene Tiere gehen immer für drei Tage nonstop ins Meer auf Nahrungssuche, um dann für drei Tage am Strand zu verweilen. Dort werden die Muttertiere von ihren Jungen schon sehnsüchtig erwartet, denn die Kleinen bekommen zwischendurch nichts zu fressen. Wir konnten einige Jungtiere beobachten, die laut schreiend am Strand entlang liefen, und ihre Mütter erwarteten. Ich hatte das unglaubliche Glück, daß ein halbwüchsiges Tier unmittelbar auf mich zukam, mich mit großen Augen erstaunt ansah, um dann weiter zu robben.

Nachmittags besuchten wir den Kelly Hill Conservation Park, ein System von Tropfsteingrotten, deren Besonderheit ist, daß es sich nicht um eine nasse, sondern um eine trockene Höhle handelt. Am nächsten Tag stand die lange Fahrt zum Flinders Chase National Park auf dem Programm. An der äußersten Südwestküste der Insel, dem Cape du Couedic, befinden sich steil abfallende Kalkfelsen, in die eindrucksvolle Felsskulpturen geschaffen wurden. Beim Admirals Arch findet sich eine Kolonie mit hunderten von New Zealand Fur Seals, einer Pelzrobbenart, die man von in die Küste gebauten Holzstegen gut beobachten kann. Allerdings kam man nicht so nah an die Tiere heran, wie an die Seelöwen am Vortag.

Unweit steht auch ein Leuchtturm aus dem Jahre 1858. Die drei Leuchtturmwärter erhielten nur alle drei Monate Proviant über ein Versorgungsschiff. An der Küste finden sich auch die Felsformationen der Remarkable Rocks. Hierbei handelt es sich um die Kraterfüllung eines ehemaligen Vulkans, die nun zu pittoresken Felsen erodiert ist.

Interessant war auch die Vegetation im Nationalpark. Kaum noch nachzuvollziehen war die Tatsache, daß vor einigen Monaten 25 % der Vegetation bei heftigen Buschbränden zerstört worden war. Dabei darf man allerdings nicht vergessen, daß viele Pflanzen auf Feuer zur Vermehrung angewiesen sind. Dazu zählt zum Beispiel der ungewöhnlich aussehende grass tree, der seinen Blütenständer nur nach einem Brand entwickelt.

Bislang hatten wir zahlreiche Tiere gesehen, allerdings immer noch keinen Koala. So wurde uns vom Hotel der nocturnal walk im Hanson Bay Sanctuary empfohlen. Naturenthusiasten hatten dort eine Farm errichtet und die "richtigen" Eukalyptusbäume gepflanzt. Koalas sind nämlich ausgesprochen wählerisch, von den unzähligen Eukalyptusarten mümmeln die Tiere nur von etwa sieben Sorten. In der Abenddämmerung nach 17 Uhr gingen wir auf die Pirsch und wurden mit Hilfe des Führers schnell fündig. Um diese Zeit erwachten nämlich die Tiere aus ihrem 18stündigen Schlaf, den sie zum Verdauen der für andere Tiere völlig unverträglichen Blätter benötigen. Aus diesem Grunde ist die Leber der Koalas auch extrem vergrößert und die ätherischen Öle in den Blättern wirken wie ein Schlafmittel. Vorteil dieser sehr einseitigen Kost ist, daß die Tiere aufgrund ihrer extremen Eukalyptusausdünstungen von Parasiten verschont werden. Wasser brauchen sie auch nicht zu trinken. Unser Guide hatte eine starke Lampe mit und konnte die Koalas somit schnell ausfindig machen. Die Tiere schien das Licht in keinster Weise zu stören, sie schauten uns aus den Baumkronen an und stopften weiter Blätter in sich hinein. Von den gepflückten Blättern landet pro Tag circa ein Kilo im Maul während drei bis vier Kilo hinunterfallen. Gibt es in einer Region nur wenige der von den Koalas bevorzugten Bäume, sind diese, obwohl immergrün, schnell leer gefressen.

Neben den Koalas konnten wir noch zahlreiche andere Tiere beobachten, so zum Beispiel zwei Känguruhmütter, die ihre Kleinen im Beutel mit sich herumtrugen. Im Alter von etwa einem halben Jahr fängt der Nachwuchs an, ab und zu auch den schützenden Beutel der Mutter zu verlassen. Auf dem Gelände fanden sich auch zahlreiche Wallabies, Opossums (Kletterbeutler) und sogar auch ein Schnabeligel (Echidna). Kurz um, die Tour war ein voller Erfolg, unter anderem auch deshalb, weil wir eine sehr helle Vollmondnacht erwischt hatten, die die ganze Umgebung in ein schönes Licht tauchte. Allerdings war es mit sehr deutlich unter 10° verflixt kalt.

Lustig war auch die Episode mit dem handzahmen Känguruh im Besitz eines Guides des Hotels. Nachdem die Mutter überfahren worden war, hatte sich die Angestellte bereit erklärt, daß noch winzige Kleine mit der Hand aufzuziehen. Mittlerweile war "Soul" ein halbes Jahr alt und lief im das Hotel umgebenden Busch frei herum. Auf Rufen kam er schnell herangehüpft und fand das Spiel mit uns extrem aufregend. Oft das geplante Auswildern irgendwann gelingt, kann ich nicht einschätzen.

Fahrt nach Hahndorf

Leider neigte sich die Zeit auf Kangaroo Island dem Ende entgegen. Zurück ging es über die bekannte Strecke zum Hafen nach Penneshaw. Die Überfahrt war wieder problemlos und bei schönem Sonnenschein durchquerten wir auf einer anderen Route erneut die Fleurieu Peninsula. Ziel war das 25 Kilometer von Adelaide gelegenen Hahndorf. Das Städtchen wurde 1839 von deutschen Auswanderern gegründet. Zu dieser Zeit eskalierte in Preußen der Konflikt zwischen Reformierten und Lutheranern und die Altlutheraner zogen eine Auswanderung der Assimilierung vor.

Hahndorf präsentierte sich uns trotz des regnerischen und kühlen Wetters von seiner besten Seite, denn es war Feiertag, Queens Birthday, und damit entsprechend viel los. Auf den Straßen drängten sich die Menschen und mit einer Kutsche konnte man Rundfahrten unternehmen. Ich hatte mir Hahndorf ähnlich schrecklich vorgestellt, wie das 1998 In Leavenworth (Washington, USA) besuchte, pseudo-Bayern Dorf. Ganz so schlimm war es dann aber doch nicht. Zwar gab es ein "Löwenbräu-Haus" mit entsprechender Bierseligkeit und ein Souvenirgeschäft mit Bierseideln und Kuckucksuhren, in anderen Häusern, die ihre deutschen Bauherren nicht verleugnen konnten, wurden aber "normale" Produkte verkauft. Lustig anzusehen war eine aus Känguruhfleisch hergestellte Mettwurst. Auch die in Australien sehr populäre "Beerenberg"-Marmelade stammte von hier. Interessant war der Besuch eines kleinen Heimatmuseums an der Main Street.