Die heißen Quellen von Thermopolis waren schon seit Menschengedenken von den Schoschonen genutzt worden. Chief Washakie hatte sie 1897 an die Weißen abgetreten unter der Maßgabe, daß das Baden dort für "immer und ewig" der Bevölkerung kostenlos gestattet sein solle. In der Tat befindet sich - neben zwei kommerziellen Spaßbädern - dort ein kleines, kommunal betriebenes Badehaus. Die Sinterterrassen der heißen Quellen sind wirklich riesig und durch Stege begehbar. Oberhalb des Big Horn Flusses bieten sie eine eindrucksvolle Szenerie. Unser Hotel, das 1918 in dem Thermalpark errichtete Best Western, ist eine "national landmark" und fußläufig zu den heißen Quellen gelegen. Jedes Jahr wird in einer typisch amerikanischen Aufführung die Übertragung der Quellen an die Weißen nachgefeiert. Ein Denkmal erinnert an das historische Ereignis. Hinter einem der Bäder gibt es eine Buffalo Range, auf der einige Bison von der Stadt gehalten werden. Man kann mit dem Auto umherfahren und auch hier hatten die Bisonkühe Kälbchen, die uns neugierig betrachteten.
Bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen über 30 Grad ging es am nächsten Tag weiter über eine intensiv landwirtschaftlich genutzte Hochebene von enormen Ausmaßen. Bei Worland bogen wir ab Richtung Ten Sleep. Bei dem dortigen niedlichen Country Museum, was mit viel Liebe betrieben wird, kamen wir mit einem interessanten Mann ins Gespräch, der das Gras schnitt. Er stellte sich als mexikanischer Indio vor, der vor vielen Jahren in den Süden der USA ausgewandert war. Dort ist er wegen der Kriminalität weg- und in den Norden hochgezogen. Er sprach als Muttersprache seinen Indiodialekt, zusätzlich noch Spanisch und Englisch. Sein Sohn spricht auch diese Sprachen und hat in Worland an der Schule Deutsch als Fremdsprache! Er plane schon seit langem einen Studienaufenthalt in Deutschland. Das war schon höchst verwunderlich, daß jemand in dieser Einsamkeit Deutsch lernte! Jedenfalls entspann sich zwischen dem Indio und uns eine lange interessante Diskussion über die Rolle der Ureinwohner in Mexiko und in den USA.... zudem erzählte er uns, daß sie zum Einkaufen bis nach Riverton, immerhin mehrere Stunden weit entfernt, führen. Für Deutschland einfach unvorstellbar!
Nach langer Fahrt erreichten wir den pittoresken Ten Sleep Canyon. Dann schraubte sich die Straße immer weiter hoch durch die verschiedenen Vegetationszonen bis wir schließlich auf 3.000 m den Powder River Paß erreichten. Hier lag noch Schnee und es wehte ein eisiger Wind. Neben den Straßen sahen wir überall Holzgestelle, die im Winter vor Schneeverwehungen schützen sollten. Danach führte die Straße durch eine wunderschöne Landschaft die Rocky Mountains hinab. An einer Stelle konnten wir einen Blick auf die uns bevorstehende, unten liegende Prärielandschaft werfen. Am Fuße der Berge war 1876 strategisch günstig das Fort McKinney errichtet worden - zum Schutze des für die Siedler so wichtigen Bozeman Trails. 1894, nach dem Ende der "Indianerkriege", wurde es wieder aufgegeben. Eine Hinweistafel an der Straße erinnert noch an den Standort des Forts.
Kurz nach dem ehemaligen Fort erreichten wir Buffalo, Oberzentrum des ganzen Powder River Landes und Verkehrsknotenpunkt. Wir fuhren direkt in den alten Stadtkern, der wirklich noch nach "Wildem Westen" aussah: die typischen Giebelhäuser aus Holz und Stein, das Occidental Hotel.... Direkt neben dem Gericht befindet sich ein sehr schönes Museum, welches über die Geschichte der Stadt und Region informiert.
In Buffalo fuhren wir dann auf den Interstate 90, der immer geradeaus durch langweilige, rollende Prärielandschaft führt. Die Straße nahm und nahm kein Ende. Auch hier bekamen wir (mal wieder) einen Eindruck von der enormen Größe des Landes. Abends bei brütender Hitze erreichten wir die Industriestadt Gillette, mit 15.000 Einwohnern für die Region riesig. Das vorab gebuchte Wingate Inn stellte sich als hervorragend heraus und stellte eine angenehme Abwechslung zu den vorherigen Unterkünften dar. Um uns noch die Zeit zu vertreiben, schlenderten wir den Abend durch die in der Nähe gelegenen riesigen Supermärkte, die uns in ihrer Größe nun schon komisch vorkamen.
Am nächsten Tag ging es auf dem langweiligen Interstate 90 weiter nach Osten. Nur die zahlreichen, in unmittelbarer Nähe der Straße grasenden Pronghorn-Antilopen lockerten das Bild auf. Endlich erreichten wir den Abzweig, der uns zum Devil's Tower führen sollte. Sofort änderte sich die Landschaft: endlich sahen wir wieder Bäume. Nach längerer Fahrt erreichten wir einen Aussichtspunkt, von dem aus wir diesen eindrucksvollen Berg, eigentlich ein Monolith, betrachten konnten. Bei dem Berg handelt es sich um das Innere eines erloschenen Vulkans, dessen äußere Ummantelung mittlerweile erodiert ist. Der Berg war und ist den Indianern der Umgebung heilig, trotzdem hat man einen Nationalpark daraus gemacht. Da der Berg bei Bergsteigern sehr beliebt ist, versucht man, ein Besteigungsverbot im Monat Juni durchzusetzen. Im Juni finden die meisten religiösen Zeremonien der Plainsindianer (z.B. Sonnentanz) statt und Delegationen ziehen zum Devil's Tower, um ihre Religion auszuüben. Gebetstücher u.ä. in den Bäumen um den Berg hängend, zeugen von Riten. Schilder weisen darauf hin, diese Dinge nicht zu berühren. Trotzdem gibt es wohl immer wieder Verstöße. Ein in Nationalparks übliches Visitor Center klärt auch über die Schöpfungsgeschichte des Berges aus indianischer Sicht auf. In deren Sprachen heißt der Berg auch "Bear Tipi". Der Berg soll indianische Kinder vor dem Angriff eines Bären geschützt haben, in dem der immer weiter aus dem Boden nach oben wuchs. Die Einkerbungen des Berghanges zeigen demzufolge die Spuren, die die Krallen des Bären hinterlassen haben. Seit Jahren bemühen sich diverse Stämme um eine Umbenennung des aus ihrer Sicht frevelhaften Namens, bislang erfolglos... Auf der Zufahrt zum Berg sahen wir zum ersten Mal eine prairie dog town. Diese possierlichen Tierchen leben in Familienverbänden unter der Erde. Sie ernähren sich von Gras und können ganze Weiden abfressen. Charakteristisch ist ihr Sitzen auf den Hinterbeinen auf den Eingängen zu ihren Höhlen, von wo aus sie durch laute Geräusche vor Gefahren warnen. Diese entfernt an Bellen erinnernde Laute brachten ihnen den Namen Präriehunde ein.
Langsam näherten wir uns den Black Hills. In Sundance, einem verschlafenen Nest an der I 90, aßen wir in einem Saloon zu Mittag. Lustigerweise war auch eine amero-asiatische Reisegruppe zu Gast und ich konnte den doch großen physiognomischen Unterschied zu der indianischen Bedienung sehen. In Spearfish verließen wir endlich den Interstate und durchfuhren den schönen Spearfish Canyon. Von dort ging es durch die Minenstadt Lead nach Deadwood - einem "must-see" in den Black Hills, zumindest aus der Sicht der Amerikaner. Berühmtheit hat der Ort als Grabstätte von Wild Bill Hickock und Calamity Jane erlangt. Täglich mehrmals wird auf der main street ein "re-enactment" eines shootouts dargeboten. Um angeblich eine "originalgetreue" Atmosphäre zu erzeugen, gibt es für Deadwood eine Ausnahmegenehmigung für Glücksspiel. So ist in fast jedem Gebäude ein Spielsaloon untergebracht. Dies stellt natürlich eine erhebliche Konkurrenz zu den Spielkasinos der Indianer dar, die erheblich peripherer gelegen sind. Deadwood ist mehr oder weniger eine Touristenfalle. Wir haben uns die Gebäude auf der Hauptstraße angeschaut, wollten eigentlich noch auf den Friedhof, als sich ein gigantisches Gewitter zwischen den Bergen entlud, was uns zum Auto zwang.
Über die 385 ging es durch die Heiligen Berge der Lakota nach Süden. Im Vertrag von Fort Laramie 1868 waren den Lakota "für immer und ewig" die Black Hills, neben einem gigantischen Reservat, das ganz South Dakota westlich des Missouri umfaßte, zugesichert worden. 1874 ging der bekannte Offizier Custer den Gerüchten von Goldfunden nach und führte eine Expedition unter bewußter Verletzung des Vertrages in die Berge. Seine maßlos übertriebenen Berichte - "Gold bis unter die Graswurzeln" - löste den erwarteten Goldrausch hervor. Nachdem die US-Regierung 1875 erfolglos versuchte, die Black Hills von den Lakota zu kaufen, befahl sie, die Lakota in Indianerreservationen zu sperren. Die Schlacht von Little Bighorn nur zwei Jahre später ist übrigens als direkte Folge dieser Handlungen zu sehen. Uns stellten sich die Berge als sehr angenehme Abwechselung in der doch sehr eintönigen Prärielandschaft dar, aus der sie herausragen. Dunkle Wälder und Täler, zahlreiches Wild und sporadische Besiedlung kennzeichnen diese Landschaft. Südlich von Keystone befuhren wir nach Entrichtung eines Entgeltes den Custer State Park, den geschützten Bereich der Black Hills. Wir entschlossen uns, die 16 A, auch bekannt als Iron Mountain Road, zu befahren. Durch abenteuerliche, schmale in den Fels gehauene Tunnel und hölzerne, o-förmige Überführungen ging es weiter. An einem Aussichtspunkt hatten wir einen Blick auf das schreckliche Mount Rushmore Memorial, die bis 1941 in den Fels gehauenen Köpfe von vier amerikanischen Präsidenten. Wie zum Hohn hatten alle vier ein sehr negatives Verhältnis zu den amerikanischen Ureinwohnern. Wie muß diesen dieses Sakrileg vorkommen? Wir hingegen erfreuten uns am zahlreichen Tierleben an der Straße. Wir sahen wilde Truthähne, zahlreiche Pronghorn, "begging burros" - freigelassene Esel, die die Touristen anbetteln, auch waren wieder Bisonherden zu bestaunen. Schrecklich war der Anblick von einigen Pferden in einem Corral. Diese hatten wohl schon seit Jahren keinen Schmied mehr gesehen und mangels Auslauf waren die Hufe zu unförmigen Gebilden verwachsen, so daß die Tiere fast nicht mehr laufen konnten. In Deutschland hätte ich den Tierschutz gerufen!
Abends erreichten wir unser Ziel für die nächsten zwei Nächte, die Game Lodge, ein ehemaliges, zum Hotel umgebautes Wildhüterhaus. Leider war unser Zimmer doch sehr beengt, dafür war das Haupthaus sehr schön eingerichtet. Im Foyer hingen Portraits von indianischen Teilnehmern am Little Bighorn Kampf von 1948. Da mußten die abgebildeten Männer alle schon weit über 80 Jahre alt gewesen sein!
Den nächsten Tag konnten wir ganz im Custer State Park verbringen. Hier war es sonnig aber angenehm kühler, als in der Prärie. Wir entschlossen uns, den bekannten 18 Meilen langen Wildlife Loop zu fahren. Außer zwei Bisonherden und einigen verstreuten Bisonbullen und einer Prairiedogtown sahen wir keine Tiere. Offenbar hatte man auch den Bisonbestand wegen der vorherrschenden Trockenheit drastisch verkleinert. Wir waren etwas enttäuscht, wenn uns auch die schöne Landschaft entschädigte. An den Custer State Park schließt südlich der Wind Cave National Park an, der seinen Namen von einem ausgedehnten Höhlensystem hat, das beim Visitor Center besucht werden kann. Es gibt einige geführte Touren pro Tag, die alle mindestens eine Stunde dauern. Das war uns zu lang und auf eigene Faust darf man nicht unter Tage. So verzichteten wir auf eine Besichtigung und machten uns statt dessen auf den Weg nach Custer.
Nach einem Essen dort, auch einer recht touristischen Stadt, ging es weiter zum bekannten Crazy Horse Memorial. Der polnischstämmige Bildhauer Korczak Ziolkowski hatte 1948, angeblich auf Wunsch von Älteren des Lakotastammes, begonnen, ein gigantisches Abbild des 1874 ermordeten Lakotaführers Crazy Horse in den Fels zu sprengen. Nach dem Tode von Ziolkowski führen heute 7 seiner 10 Kinder und seine Frau dieses Projekt fort, das ohne staatliche Mittel auskommt. Am Eingang zum Besuchszentrum wird man von Kontrolleuren empfangen, die "empfehlen", 20 $ Eintritt zu "spenden"- für das gute Werk. Wie sehr sich das Memorial zur "cash cow" entwickelt hat, sieht man an dem neuen, riesigen Besucherzentrum. Hier werden ziemlich wild durcheinander und mit unzureichender Beschriftung indianische Kunstgegenstände ausgestellt: historische und Repliken. Interessant ist eine Photoserie mit indianischen Porträts und allen 1890 bei Wounded Knee gemachten Photos. Gut sortiert ist der Andenkenladen mit seinen Büchern. Pflichtgemäß wird man aufgefordert, sich einen Film über das Lebenswerk Ziolkowskis anzuschauen, wo immer wieder auf die Aufforderung der Indianer und die private Finanzierung des Projektes hingewiesen wird. Anschließend ging es, nach Bezahlung von weiteren vier Dollar, mit einem ausrangierten Bus an den Fuß des Berges und die Baustelle. Hier wurde uns erst einmal die gigantische Dimension des Projektes bewußt. Man sah auch die riesige Abraumhalde. Inwieweit man den Indianern mit dieser Skulptur einen Gefallen tut, sei nun wirklich dahingestellt. Meiner Meinung nach muß man schon einen ziemlichen Knall haben, ein solches Projekt zu beginnen. Auf alle Fälle hat sich die Baustelle zu einer der Hauptattraktionen der Black Hills entwickelt, z.Zt. unseres Besuches kreisten einige Helikopter mit Touristen über der Baustelle. Nachts gibt es zusätzlich eine Lasershow.
Vom Crazy Horse Memorial fuhren wir dann nördlich, um später den südlich führenden Needles Highway zurück zum Hotel zu nehmen. Der Highway hat seinen Namen von den extrem schroffen, nadelartigen Gesteinsformationen am Wegesrand. Auch hier gab es wieder in Fels gehauene, schmale Tunnel. Am romantischen Sylvan Lake fand gerade eine Hochzeit am Seeufer statt.... in unmittelbarer Nähe unserer Unterkunft wurden wir Zeuge, wie große, ausgewachsene Bison in der Abendsonne in aller Seelenruhe aus dem Wald kamen, um auf dem Rasen des Per Norbeck Visitor Centers zu grasen. Natürlich führte dies wieder zu der unvermeidlichen Menschentraube am Straßenrand....