Im Canyon Village bogen wir auf die Straße nach Westen ab und konnten uns immer wieder von der enorm vielfältigen Landschaft des Parks überzeugen. Den Höhepunkt unseres Yellowstone-Trips erlebten wir allerdings im am Madison River gelegenen Madison Valley. Unmittelbar neben der Straße lagerte eine größere Gruppe Bisonkühe mit ihren Kälbern und erfreute sich nach einem harten und langen Winter des saftigen Grases am Flußufer. Bis zu unserem Standpunkt aus konnte man das Grunzen und Schmatzen der Tiere hören. Die kleinen Kälber, wohl erst im Mai geboren, tollten ausgelassen miteinander herum.

Auf einmal, wir konnten es nicht fassen, kam uns eine Gruppe von etwa 20 Bison, darunter riesige Bullen, auf einem Parkplatz entgegen. Ohne mit der Wimper zu zucken, passierten sie unser Auto rechts und links in einer Entfernung von wenigen Zentimetern. Ihnen war ganz augenscheinlich klar, daß von in Autos sitzenden Menschen keinerlei Gefahr für sie ausging. Wir waren sprachlos!

Um unsere Freude noch zu steigern wurde wir Zeuge eines spektakulären Ereignisses: eine Gruppe Bison, riesige Bullen als auch zahlreiche Kühe mit kleinen Kälbern durchquerten den Madison River. Die Kühe gingen extra auf der zur Strömung gelegenen Seite, um ihre Kälbchen sicher auf die andere Seite zu bringen.

Nach diesem unvergeßlichen Erlebnis setzten wir unsere Fahrt nach West Yellowstone fort, einem Städtchen am westlichen Eingang des Parks gelegen. Da wir vorab ein Zimmer reserviert hatten, gab es mit der Unterkunftsuche auch keine Probleme. Zu Beginn der Hauptsaison war schon eine Menge Tourismus zu verzeichnen. Der Ort an sich war unspektakulär und lebte in erster Linie von Touristen, die den Park besuchten.
Am nächsten Tag setzten wir unsere Reise fort, entlang der uns schon bekannten Route nach Madison. Von dort bogen wir aber Richtung Norden ab und stoppten nur einmal bei den bekannten Mammoth Hot Springs. Dort fließt kochendes Wasser über terrassenförmige Kalksteinfelsen und hinterläßt farbige Muster.

Montana

Der Nordausgang des Yellowstone Nationalparks markiert auch gleichzeitig die Grenze zwischen den Bundesstaaten Wyoming und Montana. Auf Empfehlung eines amerikanischen Geschäftsfreundes, den wir später besuchen sollten, fuhren wir nicht direkt zum Interstate I-90, sondern machten einen ziemlichen Umweg nach Chico. Der Bekannte hatte uns auf unsere Nachfrage nach besonderen Sehenswürdigkeiten Montanas den Ort Chico Hot Springs ans Herz gelegt. Dort führe er auch regelmäßig mit seiner Familien hin und wir sollten "den kleinen Schlenker" vom Yellowstone Park aus fahren.

Der kleine Schlenker entpuppte sich als riesen Umweg in den enorm großen Staat Montana! Selten wurde uns die Ausdehnung der USA so bewußt, wie auf unserer Fahrt durch die riesigen Weiten Montanas. Nachdem wir uns auch noch verfahren hatten, die Beschilderung nach Chico war nur von der uns entgegengesetzten Seite lesbar, erreichten wir dieses "Highlight Montanas" und konnten es nicht fassen. Der "Ort" bestand eigentlich nur aus einem kleinen hölzernen Hotel mit angeschlossenem Reitstall! Überraschenderweise war allerdings der Parkplatz des Hotels recht gut mit Autos, meist Pickups, gefüllt. Wir betraten das Hotel und fanden uns in einem rustikalen Saloon wieder, der uns wirklich in die Zeit des Wilden Westens zurückversetzte: Holzfußboden, Holztheke, die Toiletten mit "Cowboys" und "Cowgirls" beschriftet. Durch ein Fenster sahen wir einige Leute, die sich in einem kleinen Pool tummelten, der durch eine heiße Quelle gespeist wurde - wodurch der Ort seinen Namen erhalten hat. Wenn das eine Attraktion war, was hatte der Staat wohl sonst zu bieten? Unter Schmunzeln verließen wir Chico und machten uns auf den Weg zum I-90.

In Livingstone erreichten wir den Interstate und fuhren gen Westen. Leider erfuhren wir erst später, daß Montana der einzige Staat der USA ohne Tempolimit ist. Somit schlichen wir mit ca. 110 h/km über den schier nicht enden wollenden Highway, der so sehr zum schnellen Fahren einlud. Viele Stunden später erreichten wir Missoula, die größte Stadt weit und breit.

In vielen Bereichen erinnerte sie uns noch an eine Grenzerstadt des Wilden Westens. Nach einigem Suchen fanden wir Unterkunft im Doubletree Hotel, einem netten 4**** Hotel an einem Fluß gelegen. Da wir vom vielen Fahren müde waren, entschlossen wir uns, abends im Hotelrestaurant zu essen. Dort trauten wir unseren Augen nicht! Augenscheinlich nutzen die reichen Rancher der Umgebung den Samstagabend, um aushäusig zu essen. Wir hatten somit ausgiebig Gelegenheit, ältere Ehepaare oder ganze Familien beim gepflegten Dinner zu beobachten.

Am nächsten Tag waren wir mit unserem Geschäftspartner in Plains verabredet, einem Städtchen nördlich der I-90. Zuerst führte uns der Highway 200 durch die Flathead Indianer Reservation. Leider prägten hier, wie auch in zahlreichen anderen von mir besuchten Reservationen, ärmliche Hütten das Bild. Zum Lebenserwerb wurde scheinbar etwas Viehzucht betrieben. Die Landschaft der Reservation war im Gegensatz zu den dort herrschenden Verhältnissen eindrucksvoll. Leider hatten wir nicht mehr genügend Zeit, bis zum weiter nördlich gelegenen Flathead Lake oder gar zum an der kanadischen Grenze gelegenen Glacier National Park zu fahren.

Gegen Mittag erreichten wir Plains und wurden von unseren Bekannten, den Lawyers, freundlich aufgenommen und durch den Betrieb geführt, dessen weitläufige Dimensionen für Deutsche schwer vorstellbar sind. Lachend erzählte uns Mr. Lawyer, daß es in Olympia bei Seattle eine Dependence der Firma gäbe und er wöchentlich dorthin führe - eine Entfernung von ca. 2000 km hin und zurück! Dorthin zu ziehen käme für ihn überhaupt nicht in Frage, ihm und seiner Familie sei es dort an der Westküste viel zu hektisch. Nun wunderte uns auch nicht mehr, warum er uns Chico Hot Springs als Ausflugsort ans Herz gelegt hatte!

Nach einigen Stunden bei Familie Lawyer mußten wir wieder aufbrechen, denn wir hatten noch eine lange Tour vor uns. Mr. Lawyer empfahl uns, da wir irgendwie wieder auf die I-90 mußten, nicht den riesen Umweg zurück nach Missoula zu machen, sondern auf dem Highway 200 weiter nach Westen zu fahren, dort würde z.Zt. ein neuer Zubringer zum Interstate gebaut, der uns viel Zeit ersparen würde.
Gesagt, getan. Nach ca. 40 Min Fahrt trauten wir dann aber unseren Augen nicht. In der Tat wurde eine neue Straße gebaut, allerdings hatten die Bauarbeiter einen riesigen Caterpillar (es war Sonntag) so auf die Trasse gestellt, daß kein Durchkommen war. Auf der einen Seite der Berg, auf der anderen Seite ein steiler Abhang. Wir standen ratlos und vermuteten, einen Umweg von über 2 Stunden wieder zurück fahren zu müssen, hier war einfach kein Durchkommen. Auf einmal kamen 2 Pickups mit Einheimischen, die die Baustelle wohl als Sonntagsbesichtigungstour ausgewählt hatten. Was waren sie überrascht, hier in der Wildnis deutsche Touristen zu treffen! Schnell hatten sie auch eine Lösung für unser Problem. Es gäbe eine unbefestigte Piste durch den Wald, die weiter unterhalb wieder auf die neue Straßentrasse führe. Angeblich sei die Piste auch mit einem normalen Personenwagen, wie wir ihn hatten, zu befahren.

In Anbetracht der Länge des sonst zu machenden Umweges wagten wir den Waldweg. Steil ging es bergab, in unserer weich gefederten Amischaukel war es auf dem holprigen Waldweg eine Kunst zu fahren. Der Weg wollte gar kein Ende nehmen, nach vielleicht 30 Min, durch eine Schlucht an einem reißende Fluß vorbei (für dessen landschaftliche Schönheit wir gar keine Augen hatten) erreichten wir in der Tat die neue Straßentrasse! Nach einem ausgiebigen Check unserer Autoreifen konnte es weiter nach Westen gehen.