Am nächsten Tag verließen wir Olympia, um unsere Rundreise fortzusetzen. Nächstes Ziel war der Olympic National Park auf der Halbinsel im Nordwesten Olympias gelegen. Über den Highway 101 erreichten wir bei strahlendem Sonnenschein den Hoh Rainforest. Beim Visitor Center beginnen mehrere Naturlehrpfade, auf denen man die einzigartige Natur der Gegend erkunden kann. Wir hatten wirklich unglaubliches Glück, nicht umsonst handelt es sich hier um Regenwald, die ganzjährig hier niedergehenden Niederschlagsmengen sind außerordentlich beachtlich. Wir hingegen bekamen wirklich die Schokoladenseite zu sehen, den Hoh River und uralte, mit Moosen behangene Bäume. Sehr sehenswert!

Da wir uns entschlossen hatten, am Lake Quinault für diese Nacht Quartier zu nehmen, mußten wir den Highway wieder ein ganzes Stück zurück fahren. Der See ist romantisch zwischen Bergen gebettet und die Lake Quinault Lodge die Unterkunft der Wahl. Sie ist im Blockhausstil gehalten und direkt am Seeufer gelegen. Glücklicherweise bekamen wir noch ein Zimmer und nutzten den späten Nachmittag zum Kanufahren auf dem See. Ein phantastisches Erlebnis! Den Abend verbrachten wir dann standesgemäß am großen Kamin der Lodge.

Am nächsten Tag ging es die uns nunmehr bekannte Strecke nach Norden. In der Quinault Indian Reservation wurde uns von den Bewohnern frisch über offenem Feuer geräucherter Lachs angeboten - ein Genuß!

Je weiter wir nach Norden kamen, desto wilder wurde die Pazifikküste, deren menschenleere Strände mit Treibholz übersät waren.

Bald bog die Straße nach Osten ab und bei Port Angeles legten wir einen Stop ein. Das ursprünglich kleine Fischerdorf hatte sich zur Hauptstadt des Olympic National Parks gemausert und ein Gang am Pier entlang ist recht sehenswert. Hier biegt auch eine Straße nach Süden direkt in den Park und zur Hurricane Ridge ab. Die ca. 30 km lange Strecke ist gesäumt von Scenic Viewpoints, an denen man unbedingt halten sollte.
Nach fast einer Stunde Fahrt erreichten wir die auf ca. 1600 m gelegene Hurricane Ridge mit dem unvermeidlichen Visitor Center. Von dort aus hat man einen tollen Blick auf den Mt. Olympus und subalpine Blumenwiesen. Völlig ungestört von den zahlreichen Touristen grasten dort auch einige Hirsche.

Auf dem Weg zur Fähre, die uns nach Seattle übersetzten sollte, machten wir noch Rast in Port Gamble, einer Museumsstadt mit viktorianischen Gebäuden aus der Zeit um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Weiter ging es nach Poulsbo, bekannt als "Little Norway" und gegründet 1892 von norwegischen Einwanderern, die sich durch die Landschaft an ihre Heimat erinnert fühlten. Heute macht die Stadt mit ihren norwegischen Häusern und angeblich typischen norwegischen Spezialitäten einen eher kitschigen Eindruck. Da der Ort aber schnell von Seattle aus zu erreichen ist, herrschte am heutigen Sonntag bei strahlendem Sonnenschein enormer Andrang.

Da wir noch in Seattle eine Unterkunft suchen mußten, machten wir uns auf dem Weg zum Fährhafen Winslow, von wo aus wir zügig nach Seattle übersetzten. Die Schiffstour war sehr sehenswert, bot sie doch einen schönen Ausblick auf die Skyline Seattles.

Wir stiegen im direkt am Pier 67 gelegenen 4-Sterne-Edgewater Hotel ab, welches unmittelbar in das Wasser gebaut worden war. Da wir in Zimmer im Erdgeschoß hatten, konnten wir unter unserem Fußboden das Wasser plätschern hören! Ansonsten war das Hotel exklusiv-rustikal mit Kamin usw. ausgestattet.

Seattle - the Emerald City, wie die Einwohner sagen. Hierzulande denkt man wohl als erstes an die Firmen von Boeing und Microsoft. Uns stellte sich Seattle unerwartet attraktiv dar, im Gegensatz zu so vielen US-amerikanischen Städten, die wir besucht hatten. Der schönste Teil Seattles liegt direkt an den Piers, wo wir auch wohnten. Vom Pier 70 bis zum Pier 48 und weiter verkehrt praktischerweise ein Waterfront Trolley, eine kleine Bahn, die einen schnell befördert. Direkt neben unserem Hotel war der Abfahrtspier für die Schnellboote nach Victoria/ Kanada, welches man in nur einer Stunde erreichen kann. Am Pier 66 befindet sich das Maritime Discovery Center und am Pier 59 das Seattle Aquarium. Direkt daran grenzt der Waterfront Park. Oberhalb der Piers liegt der Pike Place Market, ein riesiger Markt, der an einen ortientalischen Basar erinnert. Bis zu 40.000 Besucher drängen sich hier täglich durch die schmalen Gassen!
An die Ursprünge Seattles wird man im Pioneer Square District in Höhe des Pier 48 erinnert. Rund um den Platz findet sich eine Ansammlung alter Backsteingebäude, die Restaurants, Bars, Galerien und viele Geschäfte beherbergen. Ganz in der Nähe ist auch das Klondike Gold Rush Museum, welches an den Alaska Goldrausch von 1897 erinnert. Damals diente Seattle als Ausgangspunkt für die unzähligen Goldgräber, die dem Lockruf des Goldes folgten, auch Jack London war einer von ihnen und berichtete eindrucksvoll darüber. Das Museum ist unbedingt einen Besuch wert! Geht man etwas weiter landeinwärts erreicht man Chinatown.
Sehenswert ist auch das Seattle Art Museum mit einer sehr interessanten Ausstellung zur Kultur der indianischen Ureinwohner an der 1st Ave. "Wahrzeichen" Seattles ist aber wohl die Space Needle im anläßlich der Weltausstellung 1962 entstandenen Seattle Center. Dieses Areal befindet sich aber schon außerhalb von Downtown. In den 4 Tagen unseres Aufenthaltes hatten wir jedenfalls ausgiebig Gelegenheit, uns die Stadt anzuschauen.

Einen Tag nutzten wir allerdings noch zu einem Ausflug über das Kaskadengebirge nach Leavenworth. Der Ort ist "die" Attraktion der Region und vermarktet sich als "bavarian village". Gut 2,5 Stunden östlich von Seattle an Highway 2 gelegen, war der Ort in den 1950er Jahren dem Untergang geweiht, bis 2 Ex-Soldaten 1960 die Idee mit der Umwandlung in ein bayrisches Dorf hatten. Gründlich wurde die Idee umgesetzt: Häuser um- oder neugebaut, im bayernstil bemalt, "deutsche" Restaurants eröffnet, Kellnerinnen im Dirndl, das volle Programm also. Wir standen dar und konnten es nicht glauben. Der Erfolg gibt dem Projekt allerdings recht.

Mit diesen Eindrücken kehrten wir zurück zum Hotel nach Seattle, wo inzwischen ein guter Freund aus Kalifornien eingetroffen war, mit dem wir den Rest unseres Urlaubes verbrachten, bevor wir wieder mit der SAS den Heimflug antreten mußten.

Fazit der Reise: Wir absolvierten in nur 14 Tagen ein Wahnsinnsprogramm mit mehreren Tausend Kilometern. Empfehlenswerter ist zum einen ein längerer Aufenthalt sowie eine Konzentration auf entweder den Yellowstone-Montana-Bereich oder die Westküste. Ausstatten sollte man sich mit hervorragenden Reiseführern, da man sich sonst nach der Heimreise ärgert, vieles verpaßt zu haben (s.u.). Bei einer Rundreise ist die Planung unter Berücksichtigung der Entfernungen absolut notwendig, weil man sonst im weitläufigen Westen böse Überraschungen erleben kann! Vor allem im Sommer sind die Nationalparks sehr gut besucht, das Vorabbuchen einer Unterkunft ist ratsam! Die Eintrittspreise sind mit bis zu 25 $ ziemlich happig, gelten aber auch für eine Woche. Dumm, wenn man nur 1-2 Tage bleibt... Wir hatten in den 2 Wochen extremes Glück mit dem Wetter, fast immer nur strahlenden Sonnenschein. Das ist vor allem an der Westküste nicht immer so, man sollte an entsprechende Kleidung denken. Zudem kann es auch im Sommer dort recht kühl sein.


Literaturempfehlungen:


- Bosley, Deborah et al.: Kalifornien und Westküste USA, Berlin 4. Aufl. 1997 (= Stefan Loose Travel Handbücher)
- Braunger, Manfred: USA. Der Nordwesten. München 1997 (= Polyglott)
- Haimann, Richard: USA der Nordwesten. Praktischer Kultur- und Naturführer von Seattle bis zum Yellowstone Nationalpark, Frankfurt/M 1997 (= Peter Meyer Reiseführer)