Am nächsten Tag verließen wir Jasper Richtung Westen. Nächster Übernachtungsort sollte Prince George sein. Bald überquerten wir die Grenze des Jasper Nationalparks und auch der Grenze zu British Columbia, was wieder hieß: Uhren umstellen. Der anschließende Mount Robson Provincial Park hatte mit einer wunderschönen Landschaft noch Nationalparkcharakter. Der Wipfel des mit 3954 m höchsten Berges der kanadischen Rockies, des Mount Robson, lag zwar noch in den Wolken, trotzdem war das Panorama sehr eindrucksvoll. Im Kaff Tête Jaune Cache erreichten wir den Yellowhead Highway und damit unendliche Weite. Nach Verlassen des Parks sahen wir noch etwas Weideland, nach den Ort McBride folgten sage und schreibe 200 Km ohne irgendeine Siedlung, nur unendliche Wälder erstreckten sich entlang des Highways. Zur linken Seite sah man meist die Gipfel der Columbia Mountains, aber sonst keinerlei menschliche Einrichtung. Für einen Mitteleuropäer wie mich war das doch schon sehr gewöhnungsbedürftig!
Als wir somit vor Prince George bei strahlendem Sonnenschein das Schild "Lake Purdon Provincial Park" lasen, statteten wir diesem romantischen See erst einmal einen Besuch ab. Eine wahre Wohltat nach all den eintönigen Bäumen!
Bald erreichten wir Prince George, Zentrum der Holzindustrie und eine der größten Städte British Columbias. Hier hatten wir Pech. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, daß wir eine Zimmerreservierung gebraucht hätten. Nun zogen wir Hotel zu Hotel, von Motel zu Motel und ernteten nur ungläubiges Staunen. Wie könne man 'heute' hierher kommen? Es finde doch die zweijährlich stattfindende Forest Expo statt, "das" Ereignis überhaupt der Stadt überhaupt. Aha, wieder was dazugelernt. Mit Hilfe der Tourist Info fanden wir dann glücklicherweise noch ein ordentliches Motel, wo wir uns für zwei Nächte einquartierten. Glücklicherweise konnten wir in dem Hotel, in welches ich eigentlich wollte, noch ausgezeichnet zu Abend essen.
Da es ein sehr warmer Abend war, nutzen wir diesen zu einem Spaziergang in der Stadt - etwas, was sich in einer amerikanischen Stadt ohne Stadtzentrum als schwierig gestaltet. Jedenfalls hörte ich von irgendwoher Musik, der wir folgten. Da übte doch auf einem Parkplatz eine Band von Pipes & Drums - schottischen Dudelsackspielern und Trommlern in Jeans und Shorts. Das war schon ein skurriles Bild! Am Rande des Parkplatzes standen noch andere Leute verstreut und lauschten der sehr guten Musik. Nach einiger Zeit wollten wir weitergehen, da kam ein Mann auf uns zu, der vorher zusammen mit einer Frau auf einer Kante gesessen hatte. Sofort erkannte ich ihn als reinblütigen Indianer wie aus dem Bilderbuch. Einzig sein Meckihaarschnitt paßte nicht so ganz ins Bild.
Leider war er sehr stark angetrunken, suchte aber wohl das Gespräch, und freute sich augenscheinlich, europäische Touristen erwischt zu haben. Die Vorstellung seiner Freundin mußte leider mehr oder weniger ausfallen, weil sie noch erheblich betrunkener war als er. Er stellte sich jedenfalls als Cree vor und erzählte uns von den in der Umgebung von Prince George lebenden Tieren, die wohl häufiger auch ihren Weg in die Innenstadt fanden. Träfe er einen Bären, spräche er auf Cree mit ihm, das verstünden die Tiere. Ich hätte ihm gerne viele Fragen zum Leben der einheimischen Bevölkerung oder First Nations, wie sie sich in Kanada nennen, gestellt, verzichtete aber aufgrund seines Zustandes auf eine solche Diskussion auf gefährlichem Terrain. Jedenfalls hatte der Mann meine Augen für die nächsten Tage geschärft....
Da, wie gesagt, die Holzindustrie die Haupteinnahmequelle der Region ist, wollten wir uns näher damit beschäftigen. Aus meinem Reiseführer wußte ich, daß die holzverarbeitende Industrie sehr an positiver PR bedacht ist und Führungen durch ihre Anlagen anbietet. So besuchten wir am nächsten Tag eine zum Canfor Konzern gehörende Baumschule. Canfor holzt weite Areale im Umkreis von Prince George und weiter nördlich ab, verarbeitet das Holz und ist von Staatswegen gezwungen, zumindest extensiv wieder aufzuforsten. Zu diesem Zweck werden wegen der harten Winter ("der letzte Winter war mild, wir hatten nur eine Woche -40 Grad") in Treibhäusern Bäumchen gezogen und im Sommer gepflanzt.
Da wir die einzigen Besucher waren, war die nette Dame von Canfor außer der Reihe auch bereit, uns am gleichen Tag in eine der größten Sägewerke der Region zu führen. Was wir sahen, war einfach unglaublich: eine in einem Wahnsinnstempo ablaufende Verarbeitung von rohen Stämmen zu Bauholz. Die Holzstapel von Stämmen rund um die Firma raubten mir den Atem und gaben einen Eindruck vom Ausmaß der Holzindustrie der Region.
Die abgeholzten Baumstämme wurden aber nicht nur zu Bauholz, sondern auch zu Zellulose oder Chemieprodukten weiterverarbeitet. Diese Fabriken stießen üble Qualmwolken aus ihren Schornsteinen und der davon ausgehende Gestank waberte über die gesamte Stadt und war teilweise kaum auszuhalten.
Danach statteten wir nun auch noch der vielbeschworenen Forest Expo einen Besuch ab, was aber eher eine Veranstaltung für Fachpublikum ist. Die Größe der ausgestellten Maschinen war aber mehr als eindrucksvoll!
Da es nach wie vor sehr warm war, gingen wir auch an diesem Abend nach dem Abendessen spazieren. Wieder hörten wir Musik, diesmal aus einem kleinen Park vor dem Rathaus. Was ging denn hier vor? Eine Gruppe Weißer spielte religiöse Lieder, die Zuschauer waren aber zu 90 % Indianer. Gleichzeitig wurde ein umfangreiches heißes und kaltes Büfett angeboten. Wir schauten uns die Szenerie eine Weile an, hatten den Eindruck einer friedlichen Veranstaltung und setzten uns auch dazu. Ganz offenbar handelte es sich um irgendeine Religionsgruppe, die versuchte, mit dem Verteilen von kostenlosem Essen die Indianer zu gewinnen. Ich hatte ausgiebig Gelegenheit die Besucher zu beobachten. Ein Großteil der Männer trug die Haare traditionell lang, ganz wenige gemischte Pärchen gab es zu sehen. Viele lauschten ergriffen der Musik und summten mit. Höhepunkt war augenscheinlich ein weißer Prediger, der sich einzelne Indianer "vornahm", sie vor versammelter Mannschaft in die Arme nahm, mit ihnen betete o.ä. So eine ältere Frau im Rollstuhl, begleitet von ihrer Tochter, ein Teenager in Biker Outfit, dem ich als letzter eine solche religiöse Anteilnahme zugetraut hätte. Bald sah ich auf einer Empore des Rathauses hinter der Band unseren Cree-Bekannten vom vorigen Abend mit einigen Kumpels, alle augenscheinlich wieder schwer angetrunken, während die anderen Teilnehmer der Veranstaltung absolut nüchtern waren.
Überhaupt konnte man die Besucher in drei Gruppen teilen: die betrunkenen hinter der Musikgruppe, die religiös ergriffenen auf den Stühlen vor der Gruppe und dann noch eine ganze Reihe, die entfernter im Gras lagen und augenscheinlich nur wegen des BBQs gekommen waren.
In Prince George gab es einen ganz erheblichen Anteil an indianischen Ureinwohnern, die sehr augenfällig im Stadtbild auftreten. Oftmals leider schon morgens angetrunken in Bushaltestellen oder rund um die Liquor Stores, aber auch in Autos oder Supermarktparkplätzen. Von nun an sollte ich in einer Reihe von anderen Städten auch noch viel mehr Indianer sehen, als auf unseren Stationen zuvor.
Am nächsten Tag ging es dann auf dem Cariboo Highway 97 Richtung Süden weiter. Nach gut 100 Km erreichten wir die nächst größere Stadt Quesnel, die mit einer schönen Uferpromenade am Fraser River überraschte. In dem Park waren gleichzeitig auch noch historische Maschinen aus der Goldgräberzeit ausgestellt. Alles war sehr sauber und nett aufgemacht. Wer hätte das hier mitten im wirklich "Wilden Westen" vermutet?
Für einen Abstecher in das über 90 Km nach Osten entfernt liegenden Barkerville, eine restaurierte Goldgräberstadt, hatten wir leider keine Zeit mehr.
Als nächste Attraktion stand auf meiner Reisekarte "Fort Alexandra Site", also stoppten wir und hielten Ausschau nach dieser Sehenswürdigkeit. Einzig konnten wir einen Gedenkstein entdecken, der auf ein altes Fort hinwies. Daneben stand ein Saloon, der aussah, als stammte er noch aus dem 19. Jahrhundert, war aber wohl doch jüngeren Datums. Immerhin gab es in der Kaschemme einen Kühlschrank und gekühlte Getränke. Es war schon skurril...
Weiter ging es parallel zum Fraser River durch eine Landschaft mit Flußauen und Hügeln, bis wir an diesem sehr warmen Nachmittag Williams Lake erreichten. Mein Reiseführer bezeichnete Williams Lake, die größte Stadt weit und breit, als unattraktiv. Dies kann ich so eigentlich nicht stehen lassen. Bei der Touristeninfo hatten wir uns über die Sehenswürdigkeiten erkundigt und wurden in das für mich sehr interessante Museum of the Cariboo geschickt. Da in Williams Lake jährlich ein berühmtes Rodeo stattfindet, konzentrierte sich ein großer Bereich auf die Darstellung der Geschichte der Cowboys in der Region. Daneben gab es aber auch eine Abteilung zur Geschichte der Indianer, die für kanadische Verhältnisse sehr kritisch die Landnahme der Weißen und deren Umspringen mit den First Nations beleuchtete. Interessant war auch der Besuch im Scout Island Nature Centre, gelegen auf einer Insel im Williams Lake. Rund um das Centre gab es Fußwege durch die Insel und an dessen Ufern entlang, auf denen man die Tiere des Sees gut beobachten konnte.
Leider bot sich uns beim Verlassen der Stadt kein schöner Anblick. Wir mußten am Stadtpark vorbei, wo bei den warmen Temperaturen Gruppen von Indianern saßen und die Flasche kreisen ließen...
Endlich erreichten wir unsere Tagesziel, 100 Mile House, ebenfalls früher eine Postkutschenstation. Der Ort überraschte durch seine Größe und stellte das Zentrum der Region dar. Wir kamen im sehr neuen und guten Ramada Hotel unter und aßen einige Häuser weiter ausgezeichnet bei einer ausgewanderten Schweizerin. Direkt neben dem Ramada hatte ein deutsch-mexikanisches Ehepaar ein Blockhaus errichtet, in dem man auch gut essen konnte. Hier wehte richtig ein Hauch von Internationalität durch den Ort, den man nicht vermutet hätte!
Nach dem Abendessen vertraten wir uns noch die Beine an einem angrenzenden See, mußten aber wegen einer wahren Plage an Mücken schnell das Weite suchen!
Weiter ging es am nächsten Morgen über den Cariboo Highway, auch Gold Rush Trail genannt, weiter nach Süden. 1858 war im unteren Fraser Valley Gold gefunden worden, daraufhin baute man die Cariboo Wagon Road, eine Postkutschenroute Richtung Prince George. Der Goldrausch kulminierte mit den Entdeckungen von Gold in Barkerville 1862.
Richtig niedlich war das Heimatmuseum in Clinton. Ganz offensichtlich von freiwilligen Einheimischen eingerichtet, war alles, was ihnen irgendwie "historisch" erschien, gesammelt und ausgestellt worden. Dieses wilde Sammelsurium strahlte aber trotzdem einen netten Charme aus. U.a. war ein Photo aufgetrieben worden, auf dem zwei vor einer Kutsche gespannte Elche zu sehen sind! Die Elchmutter war erschossen worden und ein Farmer hatte die beiden Jungtiere aufgelesen. Er war dann auch auf die höchst kuriose Idee gekommen, die beiden anzuspannen und für Trabrennen (!) zu trainieren - die sie gegen die Pferdekonkurrenz alle gewannen!
Nur 40 Km weiter befindet sich wieder ein Museum, die Hat Creek Ranch, ein 1861 errichtetes Blockhaus, das sich zum größten und komfortabelsten Rasthaus an der Cariboo Wagon Road entwickeln sollte. Auf immerhin 130 ha findet man heute zahlreiche Gebäude, u.a. eine Schmiede etc. Alles ist sehr sehenswert. Einen Eindruck vom "Fahrkomfort" damals bekommt man beim Anblick der restaurierten Postkutsche. Was müssen das für Höllentrips über die rumpeligen Straßen gewesen sein!
Etwas versteckt in einem Wäldchen haben auch die Angehörigen der Shushwap Indianer eine Ausstellung angelegt, in der u.a. ein originales Erdhaus gezeigt wurde. Kurios war das Gespräch mit der Indianerin, die für Auskünfte zur Verfügung stand. Aus für mich völlig unverständlichen Gründen saß sie nämlich in einem Tipi, einem Zelt. Ich fragte sie nach dem Grunde und sie antwortete: "alle Weißen meinen doch, wir hätten in solchen Zelten gewohnt, also wollten wir dieses Klischee bedienen." Als ich dann sagte, so ein Zelt sei in Kanada doch wohl eher den Prärieindianern der Blackfoot oder Stoney zuzuordnen, war sie über so viel "Fachwissen" total erstaunt!
Bei Cache Creek, der Name rührt übrigens daher, daß hier angeblich Goldsucher Teile ihrer Beute vergraben hätten, die bis heute nicht aufgetaucht ist, trafen wir nun auch wieder auf den Trans Canada Highway 1. Durch eine halbwüstenartige Landschaft ging es weiter bis wir irgendwann einen Lookout über den Kamloops Lake erreichten. Viele Kilometer fuhren wir parallel zum See, bis wir endlich auf einen 4spurigen Highway stießen: nun konnte es bis Kamloops nicht mehr weit sein.
Kamloops ist mit über 80.000 Einwohnern "das" Zentrum der Region. Hier treffen die beiden transkontinentalen Highways, der Trans Canada Highway 1 und der Yellowhead South Highway 5 aufeinander. Ebenfalls kreuzen sich die Canadian Pacific und Canadian National Railways. Das Zentrum Kamloops bildet die Victoria Street, auf der sogar ein bißchen Flair aufkam, für kanadische und amerikanische Städte sehr ungewöhnlich. Hier hatte man sich Mühe gegeben und Bäume an die Straße gepflanzt, es gab Straßencafés, nette kleine Geschäft, kurz, es war richtig anheimelnd. Schon die Parallelstraßen waren typisch unpersönlich.
Wir schauten uns etwas in der Stadt um, hatten aber noch einen längeren Weg zu unserer nächsten Station zu fahren: eine Ranch in der Nähe des im Süden gelegenen Quilchena.
Also ging es über den kleinen und gewundenen Highway 5a nach Süden, vorbei an unzähligen Seen, kleinen Wäldchen durch eine hügelige Landschaft. Nach gut 90 Km, die so hinzogen, durchquerten wir ein Indianerreservat, direkt am Nicola Lake gelegen. Dann kam der "Ort" Quilchena, bestehend aus einem historischen General Store und einer Tankstelle. Immerhin gab es in der Einsamkeit auch einen Golfplatz, was schon sehr komisch anmutete.
Einen Wegweiser zu unserer gebuchten Ranch konnten wir an der Straße nicht entdecken, deshalb fragten wir im General Store nach und erhielten nette Auskunft. Wir mußten ein Stück zurückfahren und dann ab in die Berge. Schon im Katalog hatte gestanden, die letzten 16 Km wären unbefestigt und so war es dann auch. Allerdings war die dirt road in einem viel besseren Zustand als erwartet und so ging die Fahrt recht schnell. Es ging durch eine hügelige Weidelandschaft, die ganz selten mit Zäunen durchzogen war. Wie oft wir über Cattleguards, Rosten in der Straße zum Schutz gegen das Überlaufen der Rinder, fuhren, habe ich nicht gezählt. Irgendwann ging es dann noch ein Stück über die Indianerreservation, wo vor freilaufenden Tieren gewarnt wurde. Mir schwante nichts Gutes - und es war meine Idee gewesen, diese Ranch zu buchen. Dauernd durfte ich mir bissige Kommentare meines Lebensgefährten, Tenor "Du schickst uns in die Wüste", anhören. Irgendwann sahen wir dann den Glimpse Lake, an dem die Ranch liegen sollte, sowie einige Häuser am Ufer und einen Picknickplatz. Dann endlich das langersehnte Schild: Little Beaver Creek Ranch - wir hatten es geschafft!
Die ganz aus Baumstämmen erbaute Ranch bot in der Abendsonne einen verträumten Anblick und wir wurden von der versammelten, unglaublich netten Mannschaft schon sehnsüchtig erwartet. Schon beim Betreten des Haupthauses waren wir "platt". OK, wir wußten aus dem Katalog, daß Little Beaver Creek unter schweizer Management stand und Mitglied in Relais & Chateau ist, aber so eine Anlage mitten in der Wildnis? Wir konnten es nicht fassen.
Alex Schütz aus Bern hat sich hier einen Lebenstraum erfüllt, vor über 20 Jahren nach langer Suche diese verfallene Ranch entdeckt, gekauft und liebevollst hergerichtet. Neben dem original restaurierten Haupthaus von ca. 1900 hat er noch 3 neue Blockhäuser errichtet und mit unsagbarem Luxus bis ins kleinste Detail ausgestattet. Wir waren die einzigen Gäste, weil die Saison in dieser Höhenlage von 1200 m erst recht spät beginnt, und bekamen das beste Haus mit Blick und Terrasse zum See. Wir waren sprachlos.
Erst recht waren wir sprachlos, als wir in den nächsten Tagen das Essen serviert bekamen (die Unterkunft beinhaltet Vollpension). Das Frühstück wird jeweils individuell auf die Häuser gebracht, Lunch und Dinner im Haupthaus genommen. Uns erwartete eine Sterneküche vom Feinsten, gezaubert von dem deutsch-schweizerischen Küchenduo. Da die nächste größere Stadt Kamloops ist und über 100 Km entfernt liegt, ist mir schleierhaft, wie die Versorgung geregelt organisiert wird.
Für den nächsten Tag war ein Ausritt mit mir geplant. Alex und seine Frau Nathalie halten sich eine Herde Pferde und bieten auch Reitstunden und Ausritte an. Nach einer ausgiebigen Einführung in das für mich unbekannte Westernreiten ging es zu dritt los, Berg auf, Berg ab, durch Wälder, in das Indianerreservat zu einem phantastischen Aussichtspunkt. Es war ein unvergeßliches Erlebnis!
Die Indianer halten sich eine Herde von ca. 200 Pferden mit Stuten, Fohlen und Hengsten und lassen diese völlig auf sich allein gestellt auf dem Reservat laufen. Auch in den bitterkalten Wintern mit -40 Grad wird nicht hinzugefüttert. Wenn ich da an unsere verpäppelten europäischen Pferde denke! Wir trafen beim Fahren zur Ranch mehrmals auf Kleingruppen von Fohlen führenden Stuten, die alle einen hervorragenden Eindruck machten. Allerdings zählt hier auch das Gebot "survival of the fittest".
An einem Tag unternahm ich, altgestandene Kanutin, auch eine Tour auf dem an das Hotel angrenzenden Glimpse Lake. Allerdings hatte ich das federleichte Alukanu ohne Kiel unterschätzt und hatte liebe Mühe, als das Wetter umschlug, wieder an Land zu kommen.
Ebenfalls besichtigten wir die für kanadische Verhältnisse "angrenzende", d.h. 45 Minuten Fahrt entfernte Douglas Ranch, mit 50.000 Stück Vieh die größte in ganz Nordamerika. Der Chef der Ranch kann einen Überblick über seine Tiere nur mit Hilfe eines Helikopters gewinnen, so riesig ist das Areal. Auf Douglas werden zum Rinderumtrieb auch heute noch richtige Cowboys eingesetzt, da man mit Fahrzeugen, auch nicht ATVs, durch die Landschaft kommt. Gerade als wir da waren, wurden über 300 Mastbullen maschinell von einem LKW in einer Feed Alley gefüttert. Das waren doch alles andere Dimensionen als in Europa!
"Tierische Highlights" unseres Aufenthaltes war u.a. der Anblick eines Braunbärjungen aus unmittelbarer Nähe. Offenbar war die Mutter erschossen worden und der Kleine suchte nun Anschluß, was keine gute Idee war, denn er muß lernen, alleine in der Wildnis zurechtzukommen. Fast schon romantisch war das Heulen eines Kojoten am späten Abend, über uns kreiste ein Weißkopfadler. Nicht umsonst hatte uns Alex also darauf aufmerksam gemacht, daß wir uns in freier Wildbahn aufhielten!
Da wir beide nicht so recht daran geglaubt hatten, daß es uns auf der Ranch gefiele, hatten wir für den zweiten Tag unseres Aufenthaltes einen Termin mit Geschäftspartnern in Kamloops gemacht. Also mußten wir wieder 1,5 Stunden nach dorthin fahren, wo es viel viel wärmer war als in den Bergen bei Little Beaver. Die Gregorys empfingen uns sehr freundlich und wir erfuhren nebenbei noch einiges über Land und Leute. Dann hieß es wieder 1,5 Stunden zurückfahren. So nett der Besuch auch war, ich hätte lieber auf der Ranch noch einen weiteren Ausritt gemacht...
Unseren letzten Abend verbrachten wir mit Alex und Nathalie vor dem Herdfeuer des Haupthauses. Das Problem der beiden ist die extrem kurze Saison, die sich weitestgehend auf Juli und August beschränkt, da im Winter die Temperaturen unter 40 Grad sinken und der Schnee meterhoch fällt. Allerdings soll die trockene Kälte gut auszuhalten sein. Die beiden denken darüber nach, das erste Mal die Ranch in diesem Winter für Gäste geöffnet zu halten. Wir können nur hoffen, daß das Konzept langfristig aufgeht, Spitzenstandard an einem so entlegenen Ort zu bieten. Uns hat es jedenfalls hervorragend gefallen!