Aufgrund des doch etwas zu feucht-fröhlich geratenen Vorabends machten wir uns sehr spät und sehr schweren Herzens auf den vorletzten Abschnitt unserer Reise Richtung Whistler. Wie Alex uns prognostiziert hatte, sollten wir für die 300 Km lange Strecke fast 6 Stunden benötigen, da wir nur "Nebenhighways" fuhren. Bei Merritt überquerten wir den Highway 5, die Schlagader von Vancouver nach Kamloops, auf der extrem kurvigen 8 ging es nach Spences Bridge, von dort wieder ein Stück über den Trans Canada Highway 1, um bei Lytton wieder auf die Nebenstrecke Nr. 12 abzubiegen. Über 60 Km fuhren wir parallel zum Fraser River zur Holzfällerstadt Lillooet, wo wir bei strahlendem Sonnenschein erst einmal eine Rast einlegten. Vom Restaurant aus konnte ich gut das Treiben auf der Main Road beobachten und auch hier fielen mir die zahlreichen Indianer im Stadtbild auf. Von Lillooet ging es dann nach Pemberton, wo wir ein großes Reservat durchquerten. Nunmehr waren es nur noch 30 Km bis Whistler, "dem" Winterskiort der Rocky Mountains.
Endlich erreichten wir auch unser vorab gebuchtes Hotel, das Chateau Whistler, ein riesiges Gebäude, direkt am Hang in der Upper Village gelegen. Nach dem Essen nutzten wir noch die verbleibende Zeit zu einem Spaziergang ins viel tiefer gelegene Whistler Village, einer Retortenansiedlung, die fast ganz Fußgängerzone ist. Wegen der noch angenehmen Temperaturen waren alle Straßenrestaurants und Cafés bis auf den letzten Platz ausgebucht. Überhaupt fiel uns auf, daß die Kanadier ab etwa 14 Grad anfangen, sich ihrer Kleidung zu entledigen und den Hochsommer einläuten. Für uns immer wieder ein Indiz für die Kälte der Winter in der Region.
Whistler ist ein Skiort par excellence mit unzähligen Liften, Pisten und Loipen, die wir in den Bergen sehen konnten. Allerdings sagte man uns, daß seit neuestem auch im Sommer sehr viele Touristen kämen, vor allem zum Mountainbikefahren.
Da unser Flugzeug erst um 16 Uhr wieder Richtung Heimat startete, dachten wir, wir könnten den berühmten Sea to Sky Highway nach Vancouver am nächsten Tag in aller Ruhe genießen. In der Tat waren die Perspektiven, die sich uns eröffneten, sagenhaft und erinnerten streckenweise an Banff. Leider waren z.Zt. unserer Fahrt gerade riesige Bauarbeiten am Ausbau das Highways 99 im Gange, so daß wir an vielen Stellen nicht halten konnten. Trotzdem genossen wir die 120 Km lange Strecke.
Aus welchem Grund auch immer, wir hatten jedenfalls angenommen, auch von Norden aus würde die Zufahrt zum Flughafen aus ausgeschildert sein. Fehlanzeige! Statt die richtige Abfahrt zu erwischen, fuhren wir auf dem Highway 1 auf einmal wieder Richtung Osten. Voller Verzweiflung verließen wir den Highway, fanden aber nicht die Auffahrt in die andere Richtung und landeten statt dessen mitten in einem Gewerbegebiet. Nun wurde die Zeit doch arg eng! Ich kramte aus meinem Koffer einem (völlig ungenügenden) Stadtplan von Vancouver, den ich zum Glück aufgehoben hatte und irgendwie, quer durch die Stadt, kamen wir dann doch noch zur rechten Zeit am Flughafen an. Das war knapp!
Um 16 Uhr ging es dann wieder mit einem A 340-600 der Lufthansa nach Frankfurt und von dort nach zu unserem Heimatflughafen. Ein Traumurlaub war zu Ende.
Resümee
Wir haben in den drei Wochen unseres Aufenthaltes über 4000 Kilometer zurückgelegt und sicherlich sehr gute Eindrücke von British Columbia und Alberta erhalten. Die Landschaft ist einfach überwältigend. Hinter jeder Kurve eröffnet sich in den Nationalparks eine neue Postkartenansicht. Unsere Unterkünfte waren allesamt sehr gut. Überraschenderweise war unsere beste Unterkunft und Verpflegung allerdings nicht in einem der großen und bekannten Hotels, sondern auf der Little Beaver Creek Ranch. Überhaupt war die Gastronomie erheblich besser als erwartet. Wer gut essen gehen wollte, konnte dieses fast ausnahmslos tun, selbst in Orten wie Prince George und 100 Mile House. Erfreulicherweise wird in Kanada das Essen in europäischem Tempo serviert und nicht amerikanisch rasend schnell. Nur die Rechnung bekommt man später auch ungefragt hingelegt, aber damit kann man sicher leben, wenn einem vorher wenigsten genügend Zeit zum Essen gegeben wird.
Alle Kanadier, mit denen wir zu tun hatten, waren ausgesprochen höflich, nett und hilfsbereit. Nicht umsonst war der erste Stinkstiefel, dem ich wieder begegnete, ein deutscher Zöllner!
Eines hatte ich bei der Reiseplanung allerdings unterschätzt: die Temperaturen. Bedingt durch die große Höhe, auf der die meisten Orte unseres Trips lagen, war es fast überall noch empfindlich frisch. Wärme wurde nur durch die Sonne erzeugt, und leider hatten wir sehr viele bedeckte Tage. Zum Schluß unserer Reise wurde es dann allerdings ganz merklich wärmer.
Hauptreisezeit in der Gegend ist Juli und August, außer in Banff gab es noch nirgends großen Tourismus. Ob ich allerdings im Hochsommer dorthin führe? Ich glaube es nicht. Schaut man sich die Dimensionen der Park- und Campingplätze an, bekommt man einen Eindruck von den Menschen- und Automassen, die sich dann durch die Parks bewegen. Daß ein Großteil der Leute auch noch mit RVs ("Recreational Vehicles" = Wohnmobilen) anreist, verschärft noch die Situation. Nicht umsonst heißt es in den Reiseführern, die Wagen schöben sich Stoßstange an Stoßstange über die Straßen. Ob man dann noch so viele Tiere zu Gesicht bekommt, wie wir? Ich wage es zu bezweifeln!
Zwiespältig berührt hat mich die Situation der Indianer, die sich anscheinend doch von der der Natives in den USA unterscheidet. Auffällig ist, daß alle Reservate objektiv gesehen sehr klein sind, es dafür aber eine Vielzahl gibt. Subjektiv sind sie, vor allem für einen Europäer, immer noch groß, aber gemessen an der Größe des Landes winzig. In einem Buch las ich, daß in Kanada, anders als in den USA, die Reservationen nach Anzahl der darauf lebenden Personen vergeben wurden.
In Gegensatz zu den zahlreichen Reservaten, die ich in den USA besucht habe, machten die kanadischen aber ein viel besseren Eindruck. Nicht irgendwelche abgewrackten Mobil Homes bestimmten das Bild, sondern ordentliche Häuser. Wie ich erfuhr, waren auf den Gebieten zahlreicher Reservationen Bodenschätze gefunden worden, so daß für ein gesichertes Einkommen gesorgt war. Auffällig war, daß sich viele Stämme große Pferdeherden hielten, die frei auf den Reservaten herumliefen, so bei den Stoney Nähe Calgary und den Nicola bei Quilchena. Ebenfalls ins Auge stachen die Kirchen, die sich auf jeder Reservation befanden. Ins Bild paßte deshalb auch hervorragend diese Veranstaltung, in die wir in Prince George geraten waren. Erschreckend war der Alkoholmißbrauch, dessen Zeuge wir vielerorts wurden und der sich mit meinen Erfahrungen in den USA deckte.
Völlig fehlten mir die von den USA bekannten Kasinos auf der Reservaten.