Absolut einen Besuch wert ist auch der sogenannte Weekend Market oder Chatuchak Markt nördlich der Innenstadt an der Skytrain-Endstation Morchit. Der Markt ist einer der größten und exotischten Märkte Südostasiens auf dem man fast alles zu kaufen bekommt, sowohl neu als auch gebraucht: Haushaltsutensilien, Souvenirs, Bekleidung, Möbel und (leider) auch Tiere. Der Markt ist hervorragend organisiert und in Bereiche mit gleichem Warenangebot aufgeteilt. Einen Plan erhält man an den Eingängen. Überall gibt es (sehr saubere) Toiletten und ein kleiner Elektrozug verkehrt auf den "Hauptstraßen". Verwundert nahm ich hier, als auch in anderen Teilen der Stadt zur Kenntnis, daß der Verkauf von gefälschten Markenwaren enorm zurückgegangen war. Die schon sprichwörtlich gewordene gefälschte Rolex sah ich nur an einem Stand. Offenbar wurde hier von den betroffenen Firmen verstärkt durchgegriffen. Ein Stand, gekennzeichnet durch ein großes Photographieverbotschild, verkaufte allerdings Nazi-Devotionalien vom nachgedruckten Wehrpaß bis zum Parteiabzeichen.
Schlimm anzusehen war der Verkauf von Tieren, vor allem von Hunden und Katzen. Diese befanden sich in offenen Käfigen entlang der sehr engen Gassen, durch die sich an einem durchschnittlichen Wochenendtag etwa 200.000 Besucher schoben. So ziemlich jeder Passant sah sich bemüßigt, diese armen Geschöpfe zu betatschen - eine Qual für die Tiere. Restlos reichte es mir als ich sah, daß ein Händler einen Huskywelpen im Nackenfell packte, hoch hielt und lautstark anpries. Wer um Himmels willen kommt auf die Idee, Huskys im subtropischen Bangkok zu verkaufen?
Pervers war auch der Auftritt eines Geschwisterpaars. Das ältere Mädchen, maximal 10 Jahre alt, war stark geschminkt, die langen Haare mit Dauerwelle versehen und mit einer sehr kurzen Hose und Stiefeln angezogen. Zu Playback von Thai-Popmusik versuchte sie zu singen und aufreizend zu tanzen. Diese ganze "Show" sah aus wie eine Aufforderung zur Kinderprostitution.
Weiterhin waren mir schon vorher in ganz Bangkok zahlreiche Bettler aufgefallen. Dies waren teilweise Frauen mit kleinen Kindern oder aber stark körperbehinderte Menschen, die auf Spenden hofften. Das schlimmste Elend allerdings sah ich auf dem Weekend Markt: eine vom Kopf bis zur Hüfte schwerstverbrannte Frau, kaum noch als Mensch zu identifizieren. Augenscheinlich war sie vielfach operiert worden, trotzdem war der Anblick erschreckend. Eine andere Person schob den Rollstuhl mit der Frau hin und her und nahm auch das gespendete Geld an sich. Was sollte man davon halten? Wurde hier ein höchst bemitleidenswerter Mensch benutzt, um möglichst viele Spenden zu generieren oder ist das Gesundheitssystem in Thailand so schlecht, daß Behinderte auf Betteln angewiesen sind? Sehr nachdenklich verließ ich den Markt.
An einem Tag hatten wir einen privaten Ausflug zum 74 km nördlich von Bangkok gelegenen Ayutthaya gebucht. Ayutthaya war von 1351 bis 1767 die Hauptstadt des Königreiches Siam gewesen, bis die Stadt von Burmesen geplündert wurde.
Mit einem Fahrer sowie einem Führer, der zu meinem Amüsement ein hervorragendes Englisch mit ganz starkem australischem Akzent sprach, verließen wir Bangkok und erreichten auf einer bestens ausgebauten Schnellstraße, die allerdings kostenpflichtig war, in einer knappen Stunde Ayutthaya. Die Straße führt durch die "Reisschüssel" des Landes, wie ein Blick aus dem Autofenster sofort offenbarte. Thailand ist nicht nur Selbstversorger, sondern auch der größte Reisexporteur der Welt. Drei Ernten pro Jahr können eingefahren werden, allerdings stellt auch hier der starke Einsatz von Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln ein Problem dar. Anbau und Ernte erfolgen ausschließlich per Hand - eine Knochenarbeit!
Kaum hatten wir die Stadtgrenze erreicht, passierten wir bereits einige der rund 500 in der Stadt befindlichen Ruinen. Seit 1991 ist das Gebiet der früheren Hauptstadt ein UNESCO-Weltkulturerbe. Laut Reiseführer soll es ständig von Touristen überlaufen sein, zumal in der Hauptsaison Dezember-Januar. Wir hingegen merkten nichts davon, es waren nur einige Japaner und Westler unterwegs.
Als erstes besuchten wir die Tempelruinen von Wat Chai Wattanaram, direkt am Mae Nam Chao Phraya gelegen. An vielen Stellen war versucht worden, die Ruinen gegen Witterungseinflüsse zu schützen. Problematisch ist wohl auch, daß der Fluß häufig über die Ufer tritt und den Boden völlig durchweicht. Da die riesigen Tempelanlagen offenbar ohne Fundament erbaut wurden, sacken sie in den feuchten Boden ein. Einige Gebäude befanden sich schon in ziemlicher Schieflage. Am gegenüberliegenden Ufer konnte man die Sommerresidenz der thailändischen Königin mehr erahnen als erkennen.
Weiter ging es zu einem über 500 Jahre alten aber heute noch genutzten Tempel. An diesem Samstag zu Beginn des neuen Jahres herrschte im Tempel Hochbetrieb. Viele Gläubige waren gekommen, um für ein gutes neues Jahr zu beten. Hier wurden wir auch Zeuge des weit verbreiteten thailändischen Aberglaubens. Die Tempelbesucher mußten sich etwas wünschen und anschließend versuchen, eine extrem schwere Elefantenstatue mit einem Finger zu heben. Gelangt das Heben nicht, so der Glaube, gehe der Wunsch in Erfüllung. Die Prozedur wurde einerseits mit Inbrunst aber andererseits auch mit viel Gelächter vollzogen. Im Schatten der Tempelmauer musizierte ein Mädchen virtuos auf einem thailändischen Seiteninstrument. Unser Führer war von ihren Fähigkeiten schier begeistert, für westliche Ohren war die Musik schwer verständlich. Auf alle Fälle erbat sich das Mädchen für die Musik Spenden zur Finanzierung ihres Schulbesuchs.
Mit dem Auto ging es zu unserem nächsten Ziel, den Ruinen von Wat Phra Mahathat im Phramram Park aus dem Jahre 1384. Interessant anzuschauen war neben den eindrucksvollen Ruinen der in Baumwurzeln eingewachsene Buddahkopf. Diebe hatten offensichtlich vor sehr langer Zeit einer Buddahstatue den Kopf abgehauen. Sie waren bei ihrem Frevel erwischt worden und hatten den Kopf zu Füßen eines Baumes abgelegt. Der Baum hatte den Kopf mit seinen Wurzeln im Laufe der Zeit sehr photogen umwachsen.
Die nächste Sehenswürdigkeit auf unserer Fahrt war schon von weitem erkennbar - Reitelefanten! Im Zentrum Ayutthayas befindet sich ein Camp für ehemalige Arbeitselefanten, die früher in Nordthailand in Holzfällercamps eingesetzt wurden. Durch den vermehrten Schutz der tropischen Hölzer wurden diese Tiere zum größten Teil arbeitslos. Da Elefanten sehr alt werden, mußte eine Lösung für sie gefunden werden. Viele von ihnen verdienen ihr Futter nun in der Tourismusindustrie, indem sie Touristen auf ihrem Rücken reiten lassen. Für uns war auch ein solcher Ritt vorgesehen. Man steigt auf eine hohe hölzerne Plattform, neben die der Elefant von seinem "Herrn" geritten wird. Von der Plattform aus klettert man auf den doppelseitigen Sitz mit hinten befestigtem Sonnenschirmchen. Ich hatte keinerlei Angst, denn schließlich reite ich täglich auf meinem Pony. Schnell wurde ich eines Besseren belehrt. Kaum hatte sich der Elefant in Bewegung gesetzt, fingen unsere Sitze rechts und links an seinem Rücken extrem an zu schaukeln - das Ganze in circa zweieinhalb Metern Höhe über dem Boden. Uns beiden wurde angst und bange, um so mehr, als der Führer mit uns einen viel längeren Weg einschlug als mit den anderen Touristen. Ich mußte die ganze Zeit an die vielen gerissenen Sattelgurte denken, die ich in meinem Leben gesehen hatte. Auch unser Sitzgestell war nur mit einem Bauchgurt am Elefanten befestigt. Was nun, wenn der Gurt bei der Schaukelei riß? Das würde ein tiefer Fall werden! Wir waren heilfroh, als wir wieder das Camp erreicht hatten. Dort konnte man Futter für die Elefanten kaufen, die gerade nicht geritten wurden. Dankbar rüsselten sich die Tiere die Maiskolben ins Maul. Daneben in einer Manege mußten andere Elefanten Kunststückchen vorführen. Gerade wollte ich mich mit dem Gedanken anfreunden, daß es für die Elefanten vielleicht gar nicht schlecht sei, hier ihren Lebensunterhalt zu verdienen, als mir ein abseits stehendes Tier auffiel. Dieses "webte", wie man diese Verhaltensstörung bei Pferden nennt. Die Tiere schaukeln unentwegt den Vorderkörper hin und her. Hervorgerufen wird diese Störung durch eine nicht artgerechte Haltung, z.B. zu enge Ställe, keine Bewegung, keine Beschäftigung. Auch dieser Elefant war betroffen, was auf eine problematische Haltung oder Vorgeschichte schließen ließ.
Unser Führer drängte und wir fuhren zum Kung Sri River Hotel zum Essen. Anschließend machten wir mit einem typischen thailändischen Langboot eine ausgiebige Fahrt auf dem Mae Nam Chao Phraya. Auch vom Boot aus konnte man diverse Tempelruinen erkennen. Interessant zu sehen war aber auch das Leben der Menschen in ihren Häusern direkt am Fluß: Kinder badeten, Männer angelten und es wurde uns überall freundlich zugewunken. Richtiggehende Villen lagen neben schäbigen Holzhäusern.
Am späten Nachmittag fuhren wir nach diesem sehr interessanten Tag zurück nach Bangkok.
Bangkok hatte sich in den letzten 13 Jahren sehr verändert. Durch die neu geschaffenen öffentlichen Verkehrsmittel kann man Ziele in der Nähe der Haltestationen sehr gut erreichen. Das Bangkoker Verkehrschaos wird aber nicht gelöst. Zur Zeit unseres Aufenthaltes lag das Leben in Bangkok wegen der Feiertage brach. Ein Großteil der Menschen war in die heimischen Dörfer gefahren, die anderen hatten oftmals arbeitsfrei. Die Straßen waren erstaunlich wenig befahren und der Himmel als blau zu erkennen. Dies änderte sich schlagartig am ersten Montag im neuen Jahr. Schon von unserer Frühstücksterrasse aus konnte man eine Dunstglocke über Thonburi erkennen. Durch Skytrain & Co. wurden viele Tuk Tuk Fahrer arbeitslos, die Zahl der Dreiräder war gegenüber 1995 extrem verringert. Viele Wagen waren nun auch mit Gasantrieb ausgestattet, um die Luftverschmutzung zu verringern.
In der Stadt gab es nunmehr auch viel mehr Einkaufszentren nach westlichem oder Singapurer Standard. Diese kontrastieren nicht nur preislich mit den zahlreichen traditionellen Märkten, wo man gute Waren für nach europäischem Maßstab Spottpreis kaufen kann.
Leider ist die Prostitution in der Stadt immer noch sehr offensichtlich. Man wird damit konfrontiert, ohne in die einschlägigen Viertel gehen zu müssen. Überall, sogar auch im Grand Palace, sieht man westliche Männer mit ihren thailändischen "Freundinnen". Restlos platzte mir der Kragen, als neben mir am Pool des Oriental ein solches Pärchen Platz nahm.
An unserem letzten Tag in der Stadt wurden wir zum Flughafen gebracht und sahen, daß parallel zum Expressway die fast fertige Trasse des Skytrains verläuft. Die Wartezeit auf den Rückflug verbrachten wir in der außerordentlich großen und guten Lounge der Thai Airways. Um so enttäuschender war unser Eindruck von der uralten Boeing 747-400 der Thai Airways. Diese hatte noch die alte Business Class Bestuhlung, das Filmprogramm war ein schlechter Witz, Essen und Service auf dem sehr langen 12 Stunden Flug nach Frankfurt auch alles andere als gut. Das kommt bei den Code Share Flügen heraus! Nach 2,5 Stunden Stopover in Frankfurt ging es in 30 Minuten zurück zu unserem Heimatflughafen, wo uns Temperaturen von -14° empfingen.
Resümee: Alle vier Städte im direkten Vergleich zu erleben ist sehr informativ. Das quirlige Hongkong im Vergleich mit dem historischen Macau, Singapur als fast westliche Stadt in Asien mit enorm hohem Lebensstandard und Bangkok als "Stadt auf dem Sprung", aber immer noch meilenweit von Singapur entfernt.
Die Reihenfolge der besuchten Städte ergab sich im Winter aus der Überlegung, zuerst in das kühlere China zu fliegen und anschließend in die Tropen, um keinen Hitzeschock zu erleiden. Zudem beträgt der Zeitunterschied zu China und Singapur noch eine Stunde mehr als zu Bangkok, wodurch man für die Rückreise nach Deutschland bereits eine Stunde Zeitunterschied gespart hat.
Dezember ist klimatisch eine gute Reisezeit für die Städte, man wird von schwüler Hitze und Dauerregen verschont. Allerdings ist es auch Hauptsaison, was wir vor allem wegen der politischen Probleme und dem eingebrochenen Fremdenverkehr in Thailand kaum merkten. In Hongkong und Singapur ist immer Betrieb. Sprachlich kommt man mit Englisch in allen Städten mehr oder minder gut zurecht.