Nach dieser sehr enttäuschenden Erfahrung ging es weiter um die Insel. Die Szenerie entlang der Küstenstraße war ähnlich, üppige Vegetation wechselte sich mit schönen Blicken über die Lagune ab. Entgegen der landläufigen Vorstellung einer Südseeinsel handelt es sich bei Moorea (und auch einigen anderen Inseln französisch Polynesiens) nicht um eine Stranddestination. Schon beim Anflug waren uns die extrem hohen und schroffen Gebirgsformationen vulkanischen Ursprungs aufgefallen. Entlang der Küste gibt es zwar winzige Strandabschnitte, diese sind aber in der Regel durch Müll verschmutzt. Da die Hauptfreizeitbeschäftigung der Einheimischen die Veranstaltung von Barbecues am Ufer ist, findet man an den schönsten Stellen die Überreste dieser Veranstaltungen in Form von Bierdosen, Plastikflaschen, Verpackungen etc. Erst langsam, so entnahm ich der Lokalpostille "Les Nouvelles de Tahiti", entwickelt sich unter der Bevölkerung ein Umweltschutzbewußtsein. Sucht man die für uns Europäer klischeehaft "typische" Südseeszenerie mit palmenumsäumten Sandstränden, so muß man zu einem Motu (in der Lagune gelegenes Inselchen) herausfahren.

Schnell hatten wir die Insel, die auch nur 60 km Umfang hat, zur Hälfte umrundet. "Die" Attraktion von Afareaitu waren die beiden Wasserfälle, die wir uns nur von weitem anschauten, da uns der Autoverleiher ausdrücklich die Anfahrt über die miserable Schotterpiste verboten hatte. Im - für Moorea - größeren Ort befand sich auch die Inseladministration, die über Mittag, ganz in französischer Tradition, stundenlang geschlossen hatte. Besonders schön war der Blick über das Motu Ahi nach Tahiti.

Nach einigen weiteren Kilometern kamen wir in Vaiare, dem verschlafenen Anlegeort der Fähre von Papeete an. Weiter ging es am Sofitel Hotel vorbei Richtung Flughafen, den wir ja schon von der Ankunft kannten. Gemächlich schlängelte sich die Straße zur Nordküste, wo uns in der Nähe von Maharepa La Maison Blanche beeindruckte.

Hierbei handelte sich um ein gut erhaltenes, großes Plantagenhaus aus der Ära des Vanilleanbaus, welches heute als Souvenirladen dient. Aufgrund seiner - relativen - Pracht konnte man die Gewinne erahnen, die mit dem Plantagenanbau damals verdient wurden!

Schließlich umrundeten wir Cook's Bay, in dem gerade ein Kreuzfahrtschiff vor Anker gegangen war. Das Wasser in der Bucht machte allerdings keinen besonders vertrauenserweckenden Eindruck und die braune Färbung stammte sicherlich nicht nur von aus den Bergen geschwemmter Erde! An der Ostseite von Cook's Bay fanden sich einige kleine Restaurants und Galerien und neben einer Fischfangkooperative in Pao Pao sogar 2 Supermärkte! Für Moorea geradezu schon großstädtische Verhältnisse. Wieder an der Nordküste angekommen, wollten wir die bekannte Ananasfruchtfabrik besichtigen. Da wir kurz vor Feierabend ankamen, war die Fabrik leider schon geschlossen, das Fabrikgeschäft, in dem man für heftige Preise Marmelade, Fruchtlikör u.ä. kaufen konnte, aber noch geöffnet. Auf unsere Frage, wo sich denn die Ananasplantagen befänden, beschrieb uns die Angestellte einen Weg in die Berge, der "völlig problemlos" auch mit einem Kleinwagen, wie wir ihn gemietet hatten, zu bewältigen sei. Da mir nichts Gutes schwante, fragte ich extra 2 Mal nach, ob man wirklich kein Allradfahrzeug brauche. Sie verneinte vehement.

Also fuhren wir das kurze Stück zurück nach Pao Pao und suchten den Weg in der Berge, der sich - ich hatte es geahnt - als katastrophale, von tiefsten ausgeschwemmten Rinnen durchzogene Holperpiste entpuppte, die steil bergan ging. Mir ging dauernd das Verbot das Autovermieters durch den Kopf, nicht die - viel bessere Straße - zu den Wasserfällen zu fahren. Der war erst gar nicht auf die Idee gekommen, uns diese Straße zu verbieten, da sie kein normaler Mensch mit einem Personenwagen fahren würde!!
Wäre die Kurverei nicht so nervenaufreibend gewesen, hätten wir uns sicherlich mehr an dem pittoresken Landesinneren, wo wir in der Tat auch verstreute Ananasplantagen fanden, erfreuen können. Zu unserem Entsetzen fing es mit unserem weiteren Vordringen in die Berge auch noch an zu regnen. Nach schier endlosen Kilometern erreichten wir endlich die zum Aussichtspunkt Belvedere führende Asphaltstraße.

Inzwischen goß es oben in den steilen Bergen wie aus Eimern... . Unglücklicherweise lagen ausgerechnet an der Straße die besterhaltenen, resp. restaurierten Marae der Insel. Bewaffnet mit einem Regenschirm wollte ich mir zumindest diejenigen anschauen, die unmittelbar am Wege lagen. Allerdings hatte ich den Wagen noch gar nicht verlassen, als sich Myriaden von Moskitos, die aus dem Nichts kamen und durch den Regen flogen, auf mich stürzten und eine Besichtigung unmöglich machten. Wie immer hatte der Reiseführer recht behalten: Marae scheinen Mücken geradezu magisch anzuziehen!
Nachdem ich die Mückenplage dann auch noch mit zurück in den Wagen geschleppt hatte, setzten wir unseren Weg zum Lookout fort, leider konnte man die an und für sich sicher schöne Aussicht mehr erahnen als sehen - schade...

Enttäuscht machten wir uns, natürlich über die Asphaltstraße, wieder auf den Rückweg und kamen in der Opunohu Bay heraus. Bald durchquerten wir den für Mooreanische Verhältnisse größeren Ort Papetoai, der immerhin über eine Poststation verfügte. Hauptattraktion des Ortes ist die zwischen 1822 und 1827 von den Missionaren der London Missionary Society - auf den Ruinen eines Marae! - erbaute achteckige Kirche. Die LMS hatte Papetoai 1811 als Hauptstützpunkt ihrer Missionstätigkeit im Pazifik gewählt und in der darauffolgenden Zeit "ganze Arbeit" geleistet. Nicht nur, daß sie sich massiv in die innertahitianischen politischen Angelegenheiten einmischten, sie initiierten auch einen rigorosen sozialen Wandel, der sich im sofortigen Verbot der als "unsittlich" bezeichneten Tänze, dem Gebot des Tragens von sittsamer Kleidung und dem sonntäglichen Kirchgang ausdrückte. Als Erinnerung an diese Epoche treten bei Tanzvorführungen nicht nur Tänzerinnen in den ursprünglichen Blätterröcken und Blumenkronen auf, sondern auch immer welche in den auf Englisch "Mother Hubbard" oder auf Hawaii "Mumu" genannten, bodenlangen, hochgeschlossenen Kleidern auf.

Die Bevölkerung ist nach wie vor sehr religiös. Auffällig ist die große Anzahl von Kirchen, selbst in Dörfern, die nur aus einigen Häuser bestehen. Sonntags kann man die Einheimischen, immer ganz in Weiß gekleidet, beim Kirchgang beobachten. Vor allem die älteren Leute sind regelmäßige Kirchgänger. Auf den Grund angesprochen, weshalb Sonntags die (paar) Supermärkte wohl geöffnet hätten, der Verkauf von Alkohol aber verboten sei, wie man allenthalben auf Schildern lesen konnte, sagte uns ein älterer Einheimischer: würde man Sonntags Alkohol verkaufen, würden die jungen Leute schon vormittags mit ihren Mootorbooten zu irgendeinem Motu fahren und ein Barbecue veranstalten. So aber gingen sie - ich dachte sofort: mangels Alternative - in die Kirche. Auf unsere Bemerkung, in Deutschland seien die Geschäfte Sonntags ganz geschlossen, antwortete er, das sei sowieso das allerbeste. Er habe das Gefühl, daß einige Geschäftsinhaber auf Moorea sich nicht an das Alkoholverkaufsverbot hielten.

Von Papetoai ging es weiter zu unserem Hotel. Abends nutzten wir das Auto nochmals, um zum Essen zum 2. guten Hotel der Insel, dem Sheraton zu fahren. Eine abenteuerliche Fahrerei in der Dunkelheit, weil die mooreanischen Hunde augenscheinlich die Straße als Schlafplatz benutzen!

Häufig verbrachten wir unsere Tage auch mit dem Beobachten und Füttern von Fischen von unserer Terrasse aus, ein Ausblick, der den Charakter eines Aquariums hatte. Sogar einen Tintenfisch konnte man sehen! Von unserer Terrasse konnten wir auch die mehrmals täglich stattfindenden Delphinshows sehen, die von dem dem Hotel angeschlossenen Dophin Quest veranstaltet wurden. Gegen eine happige Gebühr hatte man die Möglichkeit, mit den Delphinen in einem eingezäunten Meerwasserbassin zu schwimmen.

Leider ließ offensichtlich die Wasserqualität in der Lagune zu wünschen übrig. Auf dem optisch klaren und durchsichtigen Wasser schwammen häufig, je nach Strömung, sehr unschöne braune Schäumchen, die keinen vertrauenserweckenden Eindruck machten. Eine Quelle war nicht zu finden, auch in anderen Lagunenbereichen tauchten diese Schäumchen auf. Ein Blick in den Reiseführer bestätigte meine Vermutung über fehlende Kläranlagen bei Privatleuten, und somit verkniff ich mir das Schwimmen, obwohl der Wasser phantastisch warm war.

Statt dessen liehen wir häufiger alleine oder zu zweit ein Auslegerkanu aus und paddelten drauflos. Mehrere Touren führten uns zu den Motus Fareone und Irioa, die mit ihren Palmenbeständen und Sandstränden nun wirklich allen Südseeklischees entsprachen. Die Touren dahin gestalteten sich aber aufgrund der sehr schwierigen Wasserverhältnisse (teils sehr flach, extreme Strömungen...) in der Lagune als wenig erholsam. Entschädigt wurden wir zweimal, als wir Zeuge des von einem Ausflugsboot veranstalteten Rochenfütterns wurden. Die 10 - 15 riesigen Tiere gruben sich augenscheinlich immer schon an der gleichen Stelle in den Sand des ca. 1,30 m tiefen Wassers ein und warteten auf die Touristen, die sie fütterten. Es war unglaublich, wie die an und für sich wilden Tiere die im Wasser stehenden Leute anbettelten, indem sie bis ganz dicht an sie heranschwammen! Davon gibt es sogar einen kleinen Film. (527 Kb)

Überraschend schnell hatten wir uns an das polynesische "easy going" gewöhnt und unser Urlaub neigte sich dem Ende entgegen. Auf die Besichtigung anderer Inseln hatte ich aufgrund der Verbindungen mit den abenteuerlichen Maschinen lieber verzichtet. Der Gedanke, mit dem kleinen Hüpfer wieder nach Tahiti zurückfkliegen zu müssen, reichte mir voll und ganz!

Das Fazit der Reise lautet: wenn man bereit ist, eine enorme Anreise von über 30 Stunden zu akzeptieren und sich von den hohen Preisen auf der Insel nicht abschrecken läßt, bekommt man einen guten Eindruck von Polynesien. Vor ca. 50 Jahren hat es auf Hawai'i noch ähnlich ausgeschaut. Will man Massentourismus entfliehen und trotzdem in hervorragenden Hotels logieren, ist man sicherlich auch gut bedient. Legt man aber Wert auf aufregendes Nachtleben und erstklassige Küche, ist man sicher in Waikiki besser aufgehoben.
Sehr ärgerlich fand ich die Umweltprobleme der Insel: wilde Müllabladestellen und ein ganz augenscheinlich nicht ganz sauberes Wasser in der Lagune.


Literaturempfehlungen:

Einzige spezielle Veröffentlichung zu Franz. Polynesien:
- Carillet, Jean-Bernard: Tahiti & French Polynesia. Hawthorn/Australia 5. Aufl. 2000 (Lonely Planet)

Veröffentlichungen zu allen Inselgruppen der Südsee:
- Brillat, Michael: Südsee. Müchen, 2. Aufl. 2000 (Nelles Guide)
- Ehrhart, Sabine: Die Südsee. Inselwelten im Südpazifik. Köln 1993 (DuMont Kultur- und Landschaftsführer)

Handbuch zur Geschichte der Missionierung außereuropäischer Gebiete:
- Gründer, Horst: Welteroberung und Christentum. Ein Handbuch zur Geschichte der Neuzeit. Gütersloh 1992 (Tahiti wird auf den Seiten 438-450 behandelt).