Meine bislang letzte Reise nach Florida startete an unserem Heimatflughafen, von wo aus wir einen Zubringerflug nach Frankfurt hatten. Von dort ging es weiter mit einer 747-400 der Lufthansa, leider wieder mit der alten Bestuhlung in Business, in knapp 11 Stunden nach Miami. Mit an Bord war auch der Moderator Wayne Carpendale.
Im Miami empfingen uns 27 Grad und so kurz vor Weihnachten eine Menge Trubel. Da uns Boca Raton und Key Biscayne etwas zu abgelegen waren, wollten wir dieses Mal das recht neue, angebliche 5-Sterne-Hotel Westin Diplomat in Hollywood zwischen Miami und Fort Lauderdale ausprobieren. Dies erwies sich leider als glatter Fehlgriff. Einzig das Zimmer im 26. Stock war großzügig und bot einen phantastischen Blick sowohl auf den Intracoastal als auch das Meer. Als katastrophal erwies sich die Architektur des Foyers: eine riesige verglaste Halle mit Vordereingängen zur Straße und Rückeingängen zum Pool und Strand. Innen lief die Klimaanlage auf Hochtouren und da permanent die Türen geöffnet wurden, zog es eiskalt. Das ganze hatte den Charme eines Hauptbahnhofes und prompt holten wir beide uns in der zweiten Woche starke Erkältungen. Als störend empfanden wir es, daß es auch abends keinen Dresscode gab. Die guten Hotels in Florida hatten (bislang??) immer Wert darauf gelegt, daß die Gäste wenigstens abends vernünftig gekleidet waren. Nun lief ein Großteil in Bermudashorts, verwaschenen T-Shirts und Badelatschen in der Bar herum. Selbst für die Silvesterparty, die immerhin 209 $ kosten sollte, gab es keine Bekleidungsregeln. Wir schauten uns das Geschehen später von einem Parkdeck (!) an: einige wenige Gäste in Abendgarderobe - der Rest wieder in Bermudashorts. Entschädigt wurden wir durch einen sehr schönen, breiten und langen Sandstrand. Durch die Höhe des Gebäudes lag der allerdings schon am frühen Nachmittag im Schatten.
Da wir uns in dem Hotel gar nicht wohl fühlten, entschlossen wir uns, diesmal wieder mehr Besichtigungstouren zu unternehmen als in den Urlauben dort zuvor.
Wir besuchten unsere alten früheren Reiseziele Ft. Lauderdale und South Beach Miami. In Ft. Lauderdale gab es zwar nach wie vor noch die riesigen Villen samt Hochseeyachten am Intracoastal, offenbar hatten aber zahlreiche gute Restaurants und Tanzclubs geschlossen - zum Teil sogar in 1 A Lage am Intracoastal. Einzig am Las Olas Boulevard "brummte" es noch wie zu früheren Zeiten. Wir hatten das Empfinden, daß sich der Tourismus mehr nach Miami verlagert. Auch schienen insgesamt weniger Besucher in Florida zu sein wie früher. Ein deutsch-amerikanischer Freund, mit dem ich häufiger telefonierte meinte, es läge an den hohen Benzinpreisen. Die sonst reichlich vertretenen Kanadier und Leute aus den nördlichen Staaten könnten sich die Anfahrten nicht mehr leisten. 2,40 $ für die Gallone Benzin (= 4,5 l) löst allerdings bei einem deutschen Besucher, der mind. 1,25 € für den Liter bezahlt, müdes Lächeln hervor!
South Beach Miami zeigte sich bei strahlendem Sonnenschein und 26 Grad von der besten Seite. Am Ocean Drive waren die Restaurants gefüllt wie früher. Es war kein Vergleich zu den Zuständen 2005.
An dem einzig kühlen Tag des Urlaubs, es waren nur 16 Grad und es wehte ein sehr kühler Wind, entschlossen wir uns zur zwei-Stunden-Fahrt ins Landesinnere zur Big Cypress Seminole Reservation. Die Anreise erfolgt über Ft. Lauderdale über den kostenpflichtigen Interstate 75. In der Miccosukee Reservation, die der Interstate durchquert, gibt es an dem Abzweig zur 833 eine Tankstelle und Geschäft. Eine weitere Besiedlung war nicht direkt zu erkennen. Einige Kühe grasten auf trockenen Flächen. Überhaupt stellten sich die Everglades hier ganz anders dar als im Süden. Es war nicht das weite Grasland, sondern viele trockene Flächen und Baumbestände. Nach Norden grenzt die Big Cypress Seminole Reservation an. Mir verschlug es beim Anblick die Sprache. Bei der Einfahrt in den Ort Big Cypress traute ich meinen Augen nicht: dies war die mit Abstand gepflegteste Reservation, die ich in den USA je gesehen hatte! Adrette Häuser mit Vorgärten, eine Rodeoarena, Infrastruktur vom Feinsten. Unser Ziel war das Ah-Tah-Thi-Ki Museum. Offenbar brandneu und in Zusammenarbeit mit der Smithonian Institution erstellt, die zahlreiche Exponate als Leihgaben stellt. An das Museum grenzt ein 2,5 Km langer Holzsteg, der durch einen ursprünglichen Teil der Everglades führt. Höchst sehenswert! Ich nutzte die Chance, die offenbar reinblütigen indianischen Mitarbeiter des Museums zu befragen. Ich hatte recht vermutet: die Spielkasinos der Seminolen in Hollywood und Tampa sind eine Goldgrube. Mit den Geldern war die Reservation instand gesetzt worden. Kurz vor meinem Besuch hatte der Stamm die Kette "Hard Rock International" für sage und schreibe 965 Millionen Dollar gekauft.
Die meines Wissens einzigartig gelegene Seminolen-Reservation in Hollywood hatte sich seit unserem letzten Besuch vor zwei Jahren kaum verändert. Einzigartig, da sie inmitten eines urbanen Gebietes liegt und recht klein ist. Zu allem Unglück wird dieses Minireservat auch noch durch die Schnellstraße "Turnpike" durchschnitten. Der östliche Teil bestand nach wie vor aus zwei "55+ communities", westlich des Turnpike wohnten in höchst gepflegten Häusern, meistenteils mit großen neuen Autos davor, offenbar Seminolen. Hier gibt es auch Reservationsinfrastruktur wie Schulen, Seniorenzentrum und auch die Stammesverwaltung - ein riesiges Gebäude, was zu der Minireservation so gar nicht paßt. Das Hardrock Spielkasino und Hotel war in den letzten zwei Jahren noch um einige Geschäfte etc. erweitert worden. Zu meinem Ärger hatte das (2004 noch nicht fertiggestellte) Seminolen Museum an dem Tag unseres Besuches geschlossen.
Interessant war einige Tage später der Gang über den gut 2 Meilen langen Hollywood Boardwalk. Ein Teil war nach dem Vorbild des Strandes in Ft. Lauderdale mit schöner Beleuchtung, einem Mäuerchen und schönem Pflaster, fertiggestellt. Im südlichen Teil wurde noch gearbeitet. Der Boardwalk wird gesäumt durch unzählige Strandbedarfsgeschäfte, offene Restaurants und kleine Apartmenthäuser. Alles ist mehr oder weniger auf Massentourismus abgestimmt und scheint besonders von Kanadiern frequentiert zu werden. An der Promenade befindet sich eine Bühne, wo fast täglich von der Stadtverwaltung gesponserte, kostenlose Konzerte der unterschiedlichsten Musikstile stattfanden. Vor allem die zahlreichen nach Florida umgesiedelten Rentner - aber nicht nur die! - befanden sich im Auditorium oder legten eine flotte Sole aufs Parkett.
Einen Tag hatten wir uns mit einer deutschen Freundin verabredet, die nunmehr nach Port St. Lucie, gut 1 Stunde 45 Minuten nördlich von Hollywood, gezogen war. Die Fahrt über den I 95 führte nördlich von Palm Beach aus bebautem Gebiet heraus durch noch halbwegs natürliche Vegetation. In dem typischen Mittelklasse-Wohnviertel, wo sie wohnt, standen unheimlich viele Häuser zum Verkauf - ein untrügliches Zeichen für das Nachlassen des Immobilienmarktes in den USA. Wir verbrachten einen netten Nachmittag, der uns (mal wieder) tiefergehende Eindrücke in das amerikanische Lebens abseits von Urlauben brachte. Nicht nur, daß die USA offenbar das deutsche "Flensburger-Punkte-System" - allerdings mit viel höheren Bußgeldern - adaptiert hatten, auch die Arbeitsbedingungen sind haarsträubend. Beträgt der Mindestlohn in den USA z.Zt. 6,25 $ / h, wird er in Florida bei Personen, die nur auf Trinkgeld- (Tip) Basis arbeiten, verringert auf 3,60 $. Vom Trinkgeld müssen dann noch 10 % an Steuern an den Staat abgeführt werden. Kein Wunder, daß die armen Kellner, die unter diesen Bedingungen arbeiten müssen, ausländische Kunden mit Entsetzen betrachten und nicht darauf warten, die standardmäßigen 15 % Tip zu bekommen, sondern von vornherein 18 % auf die Rechnung setzen. Dies ist häßlich, wenn man nicht explizit darauf hingewiesen wird - verständlich aber aus deren Sicht. Mit ins Bild paßte die Erzählung einer Bedienung aus unserem Hotel, daß sie jährlich 1 Woche Urlaub bekäme, nach 15 Jahren Betriebszugehörigkeit 2 Wochen und nach 25 Jahren dann 3 Wochen. Ob Leuten, die vom "gelobten Land Amerika" träumen, diese Fakten wohl bekannt sind?
Da wir uns in Port St. Lucie regelrecht "festgequasselt" hatten, mußte ich meine im Anschluß an den Besuch beplante Lake Okeechobee-Tour reduzieren. Über den Highway 76 fuhren wir ins Landesinnere. Vorbei ging es zuerst an kleinen Farmen, später an riesigen Zitrusplantagen, die alle künstlich bewässert wurden. Bei Port Mayaca erreichten wir den, zu meinem Erstaunen völlig eingedammten See. Später las ich, daß der 975 Km² große See an seiner östlichen und südlichen Seite durch den 12 m hohen Hoover Dike "gezähmt" worden war. Dem Deich angeschlossen sind zahlreiche Pumpstationen, Überlaufgräben und Kanäle, die die umliegenden Felder und Bewohner vor Hurrikanbedingten Überflutungen schützen sollen. Auch speisen sich die Everglades aus dem Wasser des Sees, welches allerdings durch exzessiven Verbrauch für Landwirtschaft und die Agglomerationen an der Küste ständig sinkt. Die zufließenden Bewässerungskanäle, die wir sahen, zogen viele Angler an, die scheinbar fette Beute machten. Das Gebiet zwischen Port Mayaca und Pahokee ist mit riesigen Zuckerrohr-Monokulturen bepflanzt. Überall sah man auch riesige Zuckerfabriken, die dunklen Rauch ausstießen. In Pahokee dominierten offenbar spanischsprachige Arbeiter (aus Guatemala?) das Straßenbild, weil gerade Feierabend war. Sie sind anscheinend in den Plantagen und Fabriken eingesetzt. Das Städtchen Belle Glade umfuhren wir am Rande und bogen auf den Highway 27 ab. Auf gut 40 Kilometern führte die Straße nach Süden durch großteils abgeerntete Zuckerrohrfelder. Auch hier sahen wir noch Zuckerfabriken in der Abendsonne. Abrupt änderte sich dann das Bild und wir durchfuhren die Everglades, die sich hier so darstellten, wie wir sie in der Big Cypress Reservation gesehen hatten. Nach längerer Fahrt stießen wir auf die von West nach Ost verlaufende I 75 und von dort ging es direkt Richtung Ft. Lauderdale.
Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit war es uns leider nicht mehr möglich gewesen, wie ursprünglich geplant, den Lake Okeechobee westlich zu umfahren, einen Abstecher auf die Brighton Seminole Reservation, zum Gatorama, Cypress Knee Museum und Everglades Reclamation SHS zu machen. Trotzdem fand ich unsere Tour auch sehr interessant, bekam man doch eine Idee von der landwirtschaftlichen Bedeutung der Region. Nicht nachvollziehen kann ich, daß der See und das Umland in quasi keinem, auch amerikanischen, Reiseführer beschrieben wird. Florida besteht eben nicht nur aus Strand, Meer und Everglades!
Bei diesem Floridaaufenthalt besuchten wir nochmals den Flamingo Garden in Davie, der immer wieder sehenswert ist. Auch stand ein Besuch in Boca Raton auf dem Programm sowie, uns bis dato unbekannt, des Miami Metro Zoos. Dieser ist mit seinen sehr tiergerechten Gehegen und seiner enormen Größe absolut sehenswert. Ich kaufte bei "Borders" neue Bücher zum Themenkomplex "Nordamerikanische Indianer" und auch Shopping in der größten Mall Amerikas, den Sawgrass Mills durfte nicht fehlen.
Der Rückflug verlief problemlos. Beim Warten auf den Weiterflug von Frankfurt nach Hause ärgerte ich mich erneut darüber, daß es im Frankfurter Flughafen und Deutschland allgemein anscheinend nicht möglich ist, Raucher aus öffentlichen Gebäuden zu verbannen. Die Raucher in dem nicht abgeschotteten Raucherbereich hatten schon den gesamten Wartebereich verqualmt - eine absolute Zumutung vor allem für uns nach dem langen Flug und mit Erkältungen. Wie anders verfährt man hingegen in den USA mit Rauchern!